Patientenberatung: Behandlungsfehler – Definitionen, Beispiele
Behandlungsfehler – Definition, Beispiele, Hilfe
Immer und überall, wo Menschen arbeiten, kann es zu Fehlern kommen – auch in der Medizin. Im Folgenden erfahren Sie, wann ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliegt, welche Formen von Behandlungsfehlern es gibt und was sie tun können, wenn Sie selbst fehlerhaft behandelt worden sind.
Definition: Behandlungsfehler
Es gibt zahlreiche verschiedene Formen von Behandlungsfehlern. Sämtliche Behandlungsfehler, für die ein Arzt haftbar gemacht werden kann, haben dabei folgendes gemeinsam:
- Dem behandelnden Arzt kann ein fehlerhaftes Verhalten nachgewiesen werden.
- Dieser Fehler des Arztes ist direkt für einen gesundheitlichen Schaden des Patienten verantwortlich.
Von fehlerhaften Verhalten eines Arztes wiederum kann gesprochen werden, wenn bei einer ärztlichen Behandlung nicht die zu dem Zeitpunkt der Behandlung aktuell gültigen ärztlichen Qualitätsstandards eingehalten wurden. In jedem ärztlichen Fachbereich gibt es diverse Sorgfaltspflichten (auch Facharztstandards genannt), die ein Arzt im Rahmen einer Behandlung berücksichtigen muss. Diese Facharztstandards werden in den Leitlinien der entsprechenden Fachgesellschaften veröffentlicht. Diese Leitlinien sind für einen behandelnden Arzt nicht verpflichtend, sondern lediglich eine Empfehlung. Wenn ein Arzt jedoch zum Nachteil seines Patienten von diesen Empfehlungen abweicht, so wird er seinen Pflichten als Arzt nicht gerecht und begeht hiermit gegebenenfalls einen Behandlungsfehler.
Zu diesen sogenannten Sorgfaltspflichten gehören unter anderem die Informations- und Aufklärungspflicht sowie die Dokumentationspflicht. Behandlungsfehler können in einfache und grobe Behandlungsfehler untergliedert werden. Ein einfacher Behandlungsfehler liegt vor, wenn ein Arzt in seiner Behandlung nur mehr oder weniger geringfügig von den Facharztstandards abgewichen ist. Ein grober Behandlungsfehler wiederum liegt vor, wenn es extreme Differenzen zwischen der durchgeführten Behandlung und den Sorgfaltspflichten gibt.
Beispiele für Behandlungsfehler
Es gibt zahlreiche verschiedene Behandlungsfehler, die einem Arzt im Rahmen einer Behandlung
unterlaufen können. Im Folgenden finden Sie Beispiele für die verschiedenen Arten von
Behandlungsfehlern.
Aufklärungsfehler bzw. fehlende Aufklärung
Jeder Arzt hat die Pflicht, seinen Patienten über dessen Erkrankung, den zu erwartenden Verlauf der Krankheit, über die vorgesehene Behandlungsmethode sowie mögliche Behandlungsalternativen, potentielle Risiken und auch über die Kosten der Behandlung aufzuklären. Kommt der Arzt dieser Aufklärungspflicht nicht in ausreichendem Maße oder sogar gar nicht nach, so begeht er hiermit gegebenenfalls einen Behandlungsfehler. So kann es sich beispielsweise um einen Aufklärungsfehler handeln, wenn ein Anästhesist seinen Patienten vor einer Narkose fehlerhaft, in nicht-ausreichendem Maße oder gar nicht über mögliche Risiken der Narkose aufklärt.
Therapieauswahlfehler
Von einem Therapieauswahlverschulden wird in der Rechtsprechung gesprochen, wenn ein Arzt, trotz des Vorliegens eindeutiger Befunde, nicht auf eine erfolgversprechende Standardbehandlungsmethode zurückgreift, sondern eine völlig ungeeignete Behandlungsmethode nutzt.
Befunderhebungsfehler
Von einem Befunderhebungsfehler ist in der Rechtsprechung die Rede, wenn sich ein Arzt trotz der vom Patienten geschilderten Symptome gegen eine Untersuchung und eine Prüfung möglicher Ursachen entscheidet. Der Arzt hat in diesem Fall also nicht all diejenigen Befunde erhoben, die er hätte erheben müssen, um seinen Pflichten gerecht zu werden. Wenn beispielsweise ein erkrankter Patient davon berichtet, dass er erst kürzlich aus Mali, einem Malariagebiet mit hohem Infektionsrisiko, heimgekehrt ist, und der Arzt dennoch keine entsprechende Untersuchung und Labordiagnostik durchführt, dann kann es sich hierbei um einen Befunderhebungsfehler handeln.
Diagnosefehler
Ein ärztlicher Diagnosefehler kann vorliegen, wenn ein Arzt zwar relevante Befunde erhoben, diese allerdings falsch interpretiert und somit eine fehlerhafte Diagnose gestellt hat. Es kann sich also beispielsweise um einen Diagnosefehler handeln, wenn ein Arzt trotz eines eindeutigen Röntgenbildes keinen Knochenbruch diagnostiziert, obwohl dieser klar zu erkennen ist.
Therapiefehler
Therapiefehler sind auch als ärztliche Kunstfehler bekannt. Ein Therapiefehler kann vorliegen, wenn eine Behandlung unter den zum Zeitpunkt der Behandlung aktuell gültigen Facharztstandards durchgeführt wurde, also beispielsweise mit deutlich veralteten Behandlungsmethoden.
Unterlassene therapeutische Sicherungsaufklärung
Wenn ein Arzt seinen Patienten nicht darüber aufklärt, bei welchen Fachärzten er sich als nächstes einen Termin holen sollte, um eine möglichst erfolgreiche Behandlung zu ermöglichen, so handelt es sich hierbei um eine unterlassene therapeutische Sicherungsaufklärung. Vermutet also beispielsweise ein Hausarzt bei seinem Patienten einen Tumor, schickt ihn darauffolgend aber nicht zu einer Magnetresonanztomographie (MRT), so kann es sich hierbei um einen Behandlungsfehler in Form der unterlassenen therapeutischen Sicherungsaufklärung handeln.
Übernahmeverschulden & Organisationsverschulden
Assistenzärzte dürfen bei ihrer Arbeit bereits viel Verantwortung übernehmen. Sie dürfen auch Behandlungen selbstständig vornehmen, wenn sie in ihrer Ausbildung entsprechend weit vorangeschritten sind und den für die Behandlung notwendigen Kenntnisstand besitzen. Ist dies nicht der Fall, muss die Behandlung von einem entsprechend qualifizierten Arzt beaufsichtigt werden. Wenn ein Assistenzarzt einen Patienten unbeaufsichtigt behandelt, obwohl ihm der hierfür nötige Kenntnis- und Ausbildungsstand fehlt, so begeht er hiermit gegebenenfalls einen Behandlungsfehler in Form eines Übernahmeverschuldens. Mit einem Übernahmeverschulden kann ein Organisationsverschulden einhergehen. Wurde die entsprechende Behandlung von dem verantwortlichen Chefarzt an den nicht ausreichend qualifizierten Assistenzarzt delegiert, dann begeht der Chefarzt in diesem Fall gegebenenfalls einen Behandlungsfehler in Form eines Organisationsverschuldens, da er die Behandlung nicht an den unzureichend qualifizierten Assistenzarzt hätte übertragen dürfen.
Hilfe bei Behandlungsfehler
Wenn Sie vermuten, Opfer eines Behandlungsfehlers geworden zu sein, haben Sie die Möglichkeit, Ihre rechtliche Situation von einem Anwalt für Medizinrecht prüfen zu lassen. Falls sich in dieser Erstprüfung herausstellt, dass in Ihrem Fall ein Behandlungsfehler vorliegt, können Sie mit der Hilfe der Fachanwälte für Medizinrecht des ProPatient24-Fachanwaltsnetzwerkes versuchen, eventuelle Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche geltend zu machen.