Wurzelkanalbehandlung eines Zahnes

Unter den insgesamt 1.419 Behandlungsfehlervorwürfen in der Zahnmedizin waren 556 Behandlungen fehlerbehaftet. 190 Behandlungsfehler konnten die MDK im Zusammenhang mit Wurzelspitzenresektionen und Wurzelkanalbehandlungen feststellen.

Medizinische Indikation

Wenn das Zahnmark (Pulpa) eines Zahns entzündet oder abgestorben ist, stellt eine Wurzelkanalbehandlung (Endodontie) oftmals die letzte Möglichkeit dar, den Zahn zu erhalten. Die Pulpa, die aus Blutgefäßen, Nerven und Bindegewebe besteht, reicht von der Zahnkrone bis zum Wurzelende. Eine unbehandelte, tief reichende Karies führt in den meisten Fällen zu einer Entzündung der Pulpa: Bakterien dringen von außen durch den harten Zahnschmelz und das weniger harte Zahnbein (Dentin) hindurch und schädigen die Pulpa. Im Ernstfall kann die Entzündung auf umliegende Knochen übergreifen und beispielsweise eine Vereiterung des Kieferknochens auslösen.

 

Die wichtigsten Indikationen für eine Wurzelkanalbehandlung sind eine entzündete, infizierte bzw. abgestorbene Pulpa infolge von Karies, thermischen oder chemischen Reize, Rissen im Zahn oder Unfallverletzungen.

Behandlung und Therapie

Um den betroffenen Zahn zu erhalten, wird nach einer röntgendiagnostischen Abklärung eine Wurzelkanalbehandlung unter örtlicher Betäubung durchgeführt.

 

Behandlungsfehler können bei den folgenden Schritten einer Wurzelkanalbehandlung auftreten:

 

  • Lokalanästhesie (örtliche Betäubung),
  • Präendodontischer Aufbau (neue Füllung des Zahnes, um weiteres Eindringen von Bakterien während der Behandlung zu verhindern),
  • Kofferdam (ein um den Zahn angebrachtes Gummituch aus Latex oder Silikon, das während der Behandlung das Eindringen von Bakterien und von Speichel verhindern soll),
  • Öffnung (in der Kaufläche des Zahns wird ein Zugang zu dem Hohlraum innerhalb der Zahnkrone und den Wurzelkanälen angelegt),
  • Wurzelkanalpräparation (mit speziellen Instrumenten – u. a. Feilen – werden die Wurzelkanäle erweitert und gereinigt),
  • Desinfektion (während und nach der Reinigung wird desinfizierende Spülung mit verschiedenen Flüssigkeiten vorgenommen, die wichtig ist, um Keime zu eliminieren),
  • Wurzelkanalfüllung (der gereinigte und desinfizierte Hohlraum wird mit speziellem Füllmaterial – Guttapercha – versiegelt),
  • Abschluss (der anfangs gelegte Zugang wird mit einer bakteriendichten Füllung verschlossen und es wird mit Hilfe weiterer Röntgenaufnahmen überprüft, ob die Füllung ausreicht oder der Zahn langfristig mit einer Krone versorgt werden muss).

Risiken und Komplikationen

Wie jeder medizinische Eingriff ist diese komplizierte Operationsmethode mit Risiken verbunden.

 

Enge oder stark gekrümmte Wurzelkanäle werden unter Umständen bei der ersten Behandlung nicht vollständig gereinigt. Verbleibende Bakterien führen erneut zu Entzündungsherden.

 

Wenn sich das Gewebe an der Wurzelspitze entzündet, muss ggf. eine Wurzelspitzenresektion durchgeführt werden.

 

Unvollständige oder undichte Wurzelfüllungen können chronische Entzündungsprozesse an der Wurzelspitze hervorrufen. Im schlimmsten Fall können sich Keime im gesamten Organismus ausbreiten.

 

Die feinen Instrumente können während der Wurzelbehandlung brechen und den Wurzelkanal oder den Nerv verletzen.

 

Überstopfungen der Wurzelkanäle sind problematisch, wenn mit dem Füllmaterial auch bakteriell infiziertes Nervgewebe überstopft wird.

 

Schwellungen und Abszesse können in Folge der Wurzelbehandlung auftreten.

Typische Behandlungsfehler

Zu den häufigsten endodontischen Behandlungsfehlern zählen unter anderem unzureichende Reinigung der Wurzelkanäle aufgrund anatomischer Anomalien mit erneuter Bildung von Infektionsherden, Abbrechen von Wurzelkanalinstrumenten im Wurzelkanal, Verletzung des Gewebes an der Wurzelspitze, Überfüllung von Wurzelkanälen und unzureichende Desinfektion.

 

So sprach das Oberlandesgericht Oldenburg in seinem Urteil vom 1. Februar 2000 (5 U 118/99) einer Patientin ein Schmerzensgeld i. H. v. 10.000,00 DM (ca. 5.112,92 €) wegen einer fehlerhaften Wurzelkanalbehandlung zu, bei der es zu einer Überfüllung des Wurzelkanals kam. Die Patientin leidet seit dem an einem Taubheitsgefühl oberhalb des linken Kinnbereichs und musste sich infolge der Wurzelkanalüberfüllung einer aufwändigen operativen Wurzelspitzenresektion unterziehen. Der Zahnarzt hatte es nicht nur versäumt, die für die Wurzelkanalbehandlung erforderliche Messaufnahme durchzuführen, sondern hatte auch keine Kontrollröntgenaufnahme zwecks Überprüfung des Behandlungserfolges angefertigt.

 

In einem anderen Fall sprach das Oberlandesgericht München einem Patienten ein Schmerzensgeld i. H. v. 4.000,00 DM (ca. 2.045,17 €) aufgrund einer fehlerhaft durchgeführten Wurzelbehandlung, die zum Verlust eines Zahnes führte, und einer fehlerhaft gesetzten Schraube, die eine Osteolyse sowie eine äußerst schmerzhafte Entzündung im Mundraum verursachte, zu (vgl. OLG München, Urt. v. 28. November 2001 – 1 U 1973/00).

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