Jährlich werden rund 150.000 Implantationen einer Knieendoprothese durchgeführt. Im Jahr 2014 hat die MDK-Gemeinschaft 4.687 Behandlungsfehlervorwürfe im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie untersucht und festgestellt, dass dabei in 1.258 Fällen Behandlungsfehler aufgetreten sind. In 112 Fällen handelte es sich um eine fehlerhafte Behandlung im Zusammenhang mit der Implantation einer Kniegelenksprothese.
Wenn betroffene Patienten dauerhaft unter erheblichen Schmerzen im Kniebereich und damit einhergehender zunehmender Einschränkung ihrer Beweglichkeit leiden, wird häufig die Implantation eines künstlichen Kniegelenks (Knie-TEP = Knietotalendoprothese) in Erwägung gezogen. Im Folgenden sind die wichtigsten Indikationen für die Implantation einer Kniegelenksprothese aufgeführt:
Eine Arthrose bzw. Gonarthrose bezeichnet den zunehmenden, zumeist altersabhängigen Knorpelabrieb der Gelenke. Bedingt durch diesen Abrieb nimmt die Schmierfähigkeit innerhalb der Gelenkkapsel ab und die Knochen reiben aufeinander. Auf das Kniegelenk bezogen spricht man von einer Gonarthrose. Darunter versteht man die langsam fortschreitende, nichtentzündliche, degenerative Veränderung (Arthrose) des Kniegelenks, die langfristig zu einer Zerstörung des Gelenkknorpels und anderer Gelenkstrukturen führt. Prinzipiell wird zwischen einer primären Gonarthrose, die ohne erkenntliche Ursache auftritt, und einer sekundären Gonarthrose unterschieden. Die sekundäre Gonarthrose kann durch verschiedene Faktoren, wie Übergewicht, Sportverletzungen, Fehlstellungen oder anhaltende Belastungen, ausgelöst werden.
Die rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Antikörper körpereigene Strukturen angreifen und zerstören, sodass sich Entzündungen des Gelenks mit Knorpelschädigung entwickeln können.
Die posttraumatische Arthritis ist eine durch einen Unfall ausgelöste Gelenkentzündung, welche in weiterer Folge u. a. eine Knorpelschädigung hervorrufen kann.
Angeborene oder erworbene Deformationen des Kniegelenks, z. B. Achsenfehlstellungen wie O- oder X-Beine, können dauerhafte Fehlbelastungen bewirken. Falls eine Umstellungsosteotomie (Chirurgischer Eingriff, bei dem Knochenverbindungen voneinander getrennt werden, um eine Korrektur der abweichenden Achsen vorzunehmen) nicht durchgeführt werden kann, ist die Implantation von künstlichen Kniegelenksprothesen notwendig.
Eine symptomatische Knieinstabilität, z. B. durch die Schädigung des Bandapparates, sowie Sport- und Unfallverletzungen mit massiver Schädigung des Kniegelenks können ebenfalls eine Knie-TEP notwendig machen.
Bei anhaltenden Beschwerden bzw. Schmerzen im Kniegelenk finden auf Basis der entsprechenden medizinischen Diagnose folgende konservative Therapien Anwendung:
Bei einer Kniearthrose kommt mitunter auch eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) zum Einsatz, um das Kniegelenk zu spülen und gegebenenfalls Knorpelflächen zu glätten. Bei der Kniegelenksarthroskopie handelt es sich um ein endoskopisches Verfahren zur Untersuchung und minimal-invasiven Behandlung des Kniegelenks. Erst nach Ausschöpfung konservativer Therapiemaßnahmen und gelenkerhaltender operativer Maßnahmen ist bei entsprechenden und anhaltenden Beschwerden eine Gelenkersatzoperation indiziert.
Anatomisch betrachtet besteht das Kniegelenk aus mehreren Gelenkbestandteilen. Von endoprothothetischer Bedeutung sind der innere (mediale) und äußere (laterale) Gelenkspalt und die Gleitfläche der Kniescheibe (Patella) auf der Oberschenkelrolle (Kondyle).
In der Regel findet die Operation unter Vollnarkose oder mit einer Spinalanästhesie statt. Abhängig von der Art der Kniegelenksprothese und der individuellen gesundheitlichen Verfassung dauert der Eingriff 1 bis 2 Stunden. Während der Operation werden die abgenutzten Knorpeloberflächen bzw. die zerstörten Kniegelenkteile durch einen metallischen Oberflächenersatz ersetzt.
Die Materialien, die für eine Kniegelenksprothese verwendet werden, müssen unter anderem korrosionsbeständig sein. Zudem darf beim Aneinanderreiben der Gleitpaare der Prothese kein Abrieb entstehen. Zum Einsatz kommen spezielle Metalle wie Kobalt-Chrom-Legierungen bzw. Titanlegierungen, Kunststoffe (Polymere) und Keramik.
Abhängig von der Verbindung der einzelnen Komponenten mit dem körpereigenen Knochen unterscheidet man zwischen
Wie bei jedem komplexen chirurgischen Eingriff können während und nach der Implantation eines künstlichen Kniegelenks Komplikationen auftreten.
Während der Operation können
auftreten.
Zudem sind Patienten den Allgemeinen Risiken einer Vollnarkose oder Spinalanästhesie, wie
ausgesetzt.
Nach der Operation können u. a.
als mögliche Komplikationen auftreten.
Ferner besteht das Risiko, dass mehrere Wochen oder Monate nach der Operation periartikuläre Ossifikationen auftreten können. Dabei handelt es sich um neues Knochengewebe, das sich in der Umgebung des künstlichen Kniegelenks bildet, Schmerzen verursacht und zu Bewegungseinschränkungen führt.
Grundsätzlich ist es nicht auszuschließen, dass eine fehlerhafte Kniegelenksprothese eingesetzt wird. In einem derartigen Fall können beispielsweise Metallteilchen in den Blutkreislauf gelangen, die Entzündungen und im schlimmsten Fall eine Blutvergiftung auslösen. Auch kann eine Prothese aufgrund von fehlerhaften Materialien brechen bzw. Risse bekommen, was wiederum zu massiven Verletzungen des umliegenden Gewebes führen kann.
Bei Nachweis einer fehlerhaften Kniegelenksprothese besteht die Möglichkeit, den Hersteller mit anwaltlicher Hilfe haftbar zu machen und auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zu verklagen.
Bei der operativen Entfernung fehlerhafter Kniegelenksprothesen müssen Patienten genau darauf achten, dass nach der Operation die Prothesen auch ausgehändigt werden. In vielen Fällen passiert es, dass den Patienten ein Formular zur Unterschrift vorgelegt wird, in dem sie ihren Verzicht auf die operativ entfernte Prothese erklären sollen.
In Folge von chirurgischen Fehlern können zudem Fehlstellungen der Knieprothese jenseits medizinisch akzeptabler Toleranzgrenzen und Lockerungen auftreten. Weitere Probleme sind Seitenbandrisse, Infektionen mit multiresistenten Keimen (z. B. MRSA: Methicillin resistenter Staphylococcus aureus) oder ein zu starker Abrieb der Gelenkanteile ähnlich wie beim künstlichen Hüftgelenk. Während der Operation können die Kniekehlenvene oder Kniekehlenarterie (Arteria poplitea, Vena poplitea) beschädigt werden. Eine Verletzung des Nervus peronaeus, der an der Außenseite des Unterschenkels um das Wadenbeinköpfchen bis zum Fußrücken verläuft, kann bei einer Implantation ebenfalls vorkommen und hat eine Fuß- und Zehenheberschwäche zur Folge. Der Betroffene kann dann nicht mehr auf den Fersen gehen. Zudem kann das Kompartmentsyndrom (Nerven- und Muskelschädigung durch zu hohen Gewebedruck) schwere Funktionsstörungen und Sensibilitätseinschränkungen bewirken.
Nach erfolgter Implantation der Kniegelenksprothese ist es wichtig, dass die behandelnden Ärzte zügig auf Infektionsanzeichen reagieren. So hat beispielsweise das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 20. Mai 2008 (Az. 8 U 261/07) einer Patientin, die nach einer Kniegelenksimplantation eine schwere Infektion mit Folgeschäden erlitten hat, 20.000,00 € Schmerzensgeld zugesprochen. Das Gericht ermittelte einen groben Behandlungsfehler durch den Orthopäden, der „wochenlang nicht sachgerecht auf Infektionsanzeichen reagiert hatte“. Wenn er auf Komplikationen, wie „Schwellungen, Schmerzen, Schü̈ttelfrost, Fieber, Austreten von Wundsekret“, entsprechend reagiert hätte, wären der Patientin zwar nicht eine zweite Operation, aber sämtliche Weichteilschäden erspart geblieben. Durch die infektionsbedingten Knorpel-, Bänder- und Kapselschäden wird die Patientin wohl ein Leben lang in ihrer Beweglichkeit beim Laufen und beim Treppensteigen eingeschränkt bleiben.