Wirbelbrüche

Jährlich kommt es in Deutschland zu etwa 10.000 Verletzungen der Wirbelsäule, wobei in 20% der Fälle eine komplette oder inkomplette Querschnittslähmung als Folge der Wirbelsäulenverletzung auftritt. 75% der Wirbelsäulenverletzungen sind aufgrund eines Monotraumas, 25% im Rahmen eines Polytraumas (z. B. durch einen Verkehrunfall) entstanden.

Medizinische Indikation

Die Wirbelsäule lässt sich in 4 Bereiche einteilen: Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule, Lendenwirbelsäule und Sakralwirbelsäule, bestehend aus Kreuzbein und Steißbein.

 

Abgesehen vom 1. und 2. Halswirbel besteht jeder Wirbel aus fünf Bausteinen. Eine Wirbelfraktur kann den Dornfortsatz, den Wirbelkörper oder den Wirbelbogen betreffen. Bei einem instabilen Wirbelbruch kann das Rückenmark durch verschobene Knochenbruchstücke gefährdet sein.

Bausteine eines Wirbels

 

  • Wirbelkörper (Corpus vertebrae),
  • Wirbelbogen (Arcus vertebrae),
  • Dornfortsatz (Processus spinosus),
  • 2 Querfortsätze (Processi transversi bzw. Processi costales) und
  • 4 Gelenkfortsätze (Processi articulares).

 

Die meisten Wirbelbrüche treten bei Wirbeln am Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule auf. Bei einer reinen Wirbelkörperfraktur sind zwar die Wirbelbögen intakt, aber oftmals sind die Bandscheiben oder Bänder in Mitleidenschaft gezogen.

Zur Diagnostik ziehen Ärzte unter anderem die sogenannte ABC-Klassifikation zu Rate.

 

Typ A – Kompressionsverletzungen: Durch das Zusammenstauchen der Wirbelsäule entsteht ein Bruch des Wirbelkörpers. Es kann zu einer Verletzung einer oder mehrerer Bandscheiben kommen. Neurologische Verletzungen sind eher selten.

 

Typ B – Distraktionsverletzungen: Durch starke Beugung oder Überstreckung kommt es zu einem Wirbelkörperbruch, der gleichzeitig eine Verletzung von Bandscheiben und Bändern nach sich zieht. Die Wirbelkörper können sich verschieben. Neurologische Verletzungen sind möglich.

 

Typ C – Rotationsverletzungen: Durch eine starke Verdrehung der Wirbelsäule – meist in Verbindung mit einer Stauchung und einer Beugung/Überstreckung – wird ein Wirbelkörperbruch hervorgerufen. Begleitend treten neurologische Verletzungen auf.

 

Brüche an der oberen Halswirbelsäule werden aufgrund der besonderen Anatomie nicht mit Hilfe der ABC-Klassifikation beurteilt.

 

Zu den Brüchen, die an der oberen Halswirbelsäule auftreten können, zählen solche

 

  • am Kopf-Hals-Übergang,
  • am 1. Halswirbelkörper (Atlas), der auf dem 2. Halswirbelkörper (Axis) aufliegt,
  • an den weiteren Halswirbeln sowie
  • an den Fortsätzen und Wirbelbögen der Halswirbelkörper.

 

Als mögliche Ursachen für Wirbelbrüche kommen u. a. nachfolgende Faktoren in Frage:

 

  • direkte Gewalteinwirkung durch einen Sturz, Schlag, Stoß oder Aufprall infolge von Verkehrs-, Sport-, Haushalts- und Arbeitsunfällen,
  • Osteoporose,
  • Knochenkrebs,
  • Knochenmetastasen,
  • Knochenentzündung (Osteitis),
  • Knochenerweichung (Osteomalazie) oder
  • rheumatische Erkrankungen.

Behandlung und Therapie

Nach Beurteilung der Art und des Ausmaßes der Wirbelfraktur mit Hilfe von bildgebenden Verfahren wie Röntgenaufnahmen oder Computertomographie fällt der Arzt eine Entscheidung darüber, ob eine konservative Behandlung in Frage kommt. Konservative Behandlungsmethoden sind u. a.

 

  • das Tragen eines Stützkorsetts (auch im Falle einer Operation, um die Wirbelsäule bis zum Eingriff ruhig zu stellen),
  • die Verabreichung von Schmerzmitteln und
  • Krankengymnastik (auch nach einem operativen Eingriff).

 

Im Falle einer Fraktur eines einzelnen Wirbelkörpers, beispielsweise infolge osteoporotischer Veränderungen, reicht häufig das Tragen eines Stützkorsetts zur Stabilisierung der Wirbelsäule und Ausheilung des Bruches. Wenn allerdings mehrere Wirbelkörper gebrochen sind und die Gefahr besteht, dass Teile des Wirbelkörpers absplittern und das Rückenmark verletzten, ist ein operativer Eingriff indiziert.

Operation

Eine Operation ist bei instabilen Brüchen oder bei stabilen Brüchen mit starken Schmerzen, Lähmungen oder Störungen der Harn- und Stuhlkontinenz indiziert. Bei nicht krankheitsbedingten Brüchen kommen Schrauben-Stangen-Systeme und Platten zum Einsatz, um die Fragmente wieder miteinander zu verbinden und zu stabilisieren. Komplett geborstene Wirbelkörper werden durch körpereigene Knochen oder durch sogenannte Körbchen (Cage) aus Metall, Keramik oder Kunststoff ersetzt.

 

Abhängig von den Ursachen, der Art und dem Ausmaß der Fraktur stehen verschiedene Operationsverfahren zur Verfügung, darunter die Methoden Vertebroplastie und Kyphoplastie, die zumeist bei krankheitsbedingten Wirbelkörperfrakturen (z. B. Osteoporose) angewendet werden.

 

Bei einer Vertebroplastie wird unter lokaler Anästhesie eine Hohlnadel in den gebrochenen Wirbel eingeführt, durch die dann Knochenzement zwecks Verbindung einzelner Knochenfragmente eingespritzt wird.

 

Die Kyphoplastie kann nur unter Vollnarkose durchgeführt werden. Hierbei wird im 1. Schritt ein kleiner Ballon in dem gebrochenen Wirbelkörper positioniert und aufgeblasen. Der aufgeblasene Ballon bewirkt, dass sich die Wirbelkörper wieder aufrichten können. Im 2. Schritt werden diese dann wie bei der Vertebroplastie mit Knochenzement gefüllt.

 

Zur Erhaltung der Stabilität der Wirbelsäule wird bei schwerwiegenden Wirbelbrüchen eine Spondylodese (Versteifung) durchgeführt. Hierbei werden Teile oder der komplette Wirbel aus der Wirbelsäule entfernt und gegebenenfalls durch einen sogenannten Cage – kleine Körbchen aus Metall, Kunststoff oder Keramik – ersetzt. Parallel werden die Wirbel unter- und oberhalb der Bruchstelle des Wirbelbruchs mit Platten und Schrauben verbunden.

Risiken und Komplikationen

Wie bei jeder Operation können bei der chirurgischen Behandlung einer Wirbelkörperfraktur Komplikationen auftreten. So kann es im schlimmsten Fall passieren, dass Chirurgen beispielsweise das Rückenmark verletzten und dadurch bleibende neurologische Schäden, wie Gefühlsstörungen oder Lähmungen, verursachen.

Allgemeine Risiken

 

  • Infektionen,
  • Thrombosen (Blutgerinnsel im Venensystem, vor allem der Beine und des Beckens mit Verschluss der Venen),
  • Lungenembolie,
  • Gefäß- oder Nervenverletzungen,
  • Blutungen, Nachblutungen, Bluterguss mit ggf. notwendiger Fremdbluttransfusion,
  • Folgeoperationen und/oder
  • Bewegungseinschränkungen.

Spezielle Risiken

 

  • Verletzung des Rückenmarks, die Gefühlstörungen und Lähmungen verursacht,
  • Austritt von Knochenzement während der Einspritzung (im Extremfall kommt es zu einem Weitertransport des Knochenzementes bis in den Lungenkreislauf),
  • Austritt von Knochenzement in den paravertebralen Raum, in den Spinalkanal oder in umliegende Bandscheibenfächer,
    Querschnittslähmung durch Knochenzement im Spinalkanal,
  • Veränderung der statischen Verhältnisse der gesamten Wirbelsäule durch Zementierung und/oder
  • Narbenbildung mit Verwachsungen und Wucherungen (Spondylodese).

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