Wann spricht man von einem Behandlungsfehler?

Von einem Behandlungsfehler oder Kunstfehler wird im Allgemeinen dann gesprochen, wenn ein Arzt, eine Ärztin oder auch ein anderer Angehöriger der Heilberufe (z. B. Heilpraktiker) eine Behandlung nicht nach dem zum Zeitpunkt der Behandlung geltenden ärztlichen Qualitätsstandard durchgeführt hat.

Was ist der ärztliche Qualitätsstandard?

Der ärztliche Qualitätsstandard wird durch die tägliche medizinische Praxis bestimmt, die ständigen Änderungen unterworfen ist. Er ist also keine starre Vorgabe, die für jede Erkrankung eine bestimmte Behandlungsmethode vorsieht oder die Behandlung mit einem bestimmten Medikament festschreibt. Der ärztliche Qualitätsstandard wird vielmehr durch den Sorgfaltsmaßstab bestimmt, der von dem jeweiligen Facharztkreis erwartet wird (Facharztstandard). Ob ein Arzt in einem Einzelfall nach den Regeln der Kunst, also „lege artis“, gehandelt hat, lässt sich dabei meist nur durch ein medizinisches Sachverständigengutachten feststellen.

Krankenhaus Aufklaerung

Welche Bedeutung hat der Facharztstandard für die medizinische Praxis?

Der Arzt hat grundsätzlich das Recht, die Therapie seines Patienten frei zu bestimmen und begeht daher nicht schon dann einen Behandlungsfehler, wenn er einmal den medizinischen Standard aufgrund im Einzelfall bestehender Heilchancen unterschreitet.

 

Ebenso begründet der Misserfolg einer vom Arzt eingeleiteten Behandlungsmaßnahme nicht grundsätzlich einen Behandlungsfehler. Denn der Patient hat zwar einen Anspruch auf eine dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung, aber keinen Anspruch darauf, dass er von seiner Erkrankung geheilt wird. Da es immer noch zahlreiche Krankheiten gibt, die auch nach dem heutigen Stand der medizinischen Wissenschaft als unheilbar gelten, ist eine Haftung des Arztes auf der Grundlage des Heilerfolges ausgeschlossen.

 

Der Facharztstandard stellt bei der Behandlung eines Patienten den für seinen Fachbereich zu erwartenden Sorgfaltsmaßstab auf. Um diesen zu ermitteln, greift man auf die Leitlinien der jeweiligen Fachgesellschaften (Gesellschaften der Fachärzteschaft) zurück. Diese werden z. B. von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) veröffentlicht. Er dient dem Arzt als Orientierung für die empfohlenen Behandlungsschritte.

Was ist der sog. Sorgfaltsmaßstab?

Die Beurteilung, ob der Arzt bei der Behandlung eines Patienten einen Behandlungsfehler begangen hat, ist vor allem davon abhängig, ob er die für seinen Fachbereich bestehenden Sorgfaltspflichten – den Facharztstandard – eingehalten hat.

 

Dabei ist generell zu beachten, dass der Facharzt seinem Patienten ein höheres Maß an Können schuldet als der Allgemeinarzt. Verfügt der Allgemeinarzt aber über Kenntnisse, die dem eines Facharztes entsprechen oder sogar darüber hinausgehen, ist er dazu verpflichtet, diese besonderen Kenntnisse zum Wohle seines Patienten einzusetzen.

 

Zu den wichtigsten Sorgfaltspflichten eines Arztes gehören

 

  • die sog. Informations- bzw. Aufklärungspflicht,
  • die Dokumentationspflicht sowie
  • die Pflicht, sein eigenes Können und Wissen selbstkritisch zu hinterfragen.

Welche Bedeutung hat der Zeitpunkt einer Behandlung bei der Beurteilung des medizinischen Qualitätsstandards?

Der Arzt kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass die medizinische Wissenschaft immer wieder neue Erkenntnisse gewinnt. Das heißt, der Arzt begeht keinen Behandlungsfehler, wenn die von ihm gewählte Behandlungsmethode erst nach dem Zeitpunkt, an dem er diese Methode angewandt hat, als veraltet eingestuft wird.

Wünschen Sie eine kostenlose Ersteinschätzung Ihres Falles?
Füllen Sie bitte unseren Patientenfragebogen aus, damit wir uns ein Bild machen können.