Wer haftet im Falle eines Behandlungsfehlers?

Die Auswahl des „richtigen“ Beschuldigten bzw. Beklagten im Arzthaftungsprozess ist ein sehr wichtiger Punkt.

 

Bei der Auswahl des richtigen Anspruchsgegners muss zunächst geprüft werden, wer persönlich für den Behandlungsfehler bzw. den Gesundheitsschaden des Patienten verantwortlich ist und auf welchem Vertragsverhältnis – zumeist einem Behandlungsvertrag – die Behandlung des betroffenen Patienten beruhte. Je nachdem, wie das Behandlungsvertragsverhältnis konkret beschaffen ist, kommt entweder eine persönliche Haftung des Arztes, eine Haftung des Krankenhausträgers (des Betreibers des Krankenhauses) oder beider in Betracht.

 

Die Auswahl der richtigen Anspruchsgegner ist enorm wichtig: Wird ein maßgeblich beteiligter Arzt nicht verklagt, kann es am Ende sein, dass Ansprüche des Patienten nicht in voller Höhe durchgesetzt werden können. Werden hingegen versehentlich unbeteiligte Ärzte verklagt, so wird der Patient auf einem Teil der Anwalts- und Prozesskosten sitzen bleiben.

 

Wer schlussendlich der richtige Anspruchsgegner ist, ergibt sich aus der jeweils konkreten Behandlungssituation:

Krankenhaus

Wurde ein Patient in einem Krankenhaus behandelt, kann die Ermittlung des richtigen Beschuldigten schnell sehr unübersichtlich werden – insbesondere, da im Krankenhaus neben diversen angestellten Ärzten, welche an der Behandlung des Patienten beteiligt sind, auch sog. Konsiliar- und Belegärzte tätig werden.

 

Im Normalfall schließt ein gesetzlich krankenversicherter Patient bei stationärer Behandlung den Behandlungsvertrag ausschließlich mit dem Krankenhausträger – es gilt dann der so genannte „totale Krankenhausvertrag“.

 

Der Krankenhausträger haftet aufgrund dieses Vertrages, wenn es beispielsweise während

 

  • der prästationären Diagnostik,
  • der poststationären Behandlung,
  • einer von Klinikpersonal durchgeführten ambulanten Operation
  • eines ambulanten Leistungsangebotes des Krankenhauses oder
  • einer Notfallbehandlung (egal durch welchen anwesenden Arzt)

 

zu einem Behandlungsfehler bei einem gesetzlich krankenversicherten Patienten kommt.

Chefarztbehandlung und externe (Vertrags-)Ärzte

Der Krankenhausträger haftet im Allgemeinen auch, wenn externe (Vertrags-)Ärzte eingesetzt werden oder wenn es zwischen Patient und Krankenhaus zu einer sog. Wahlarztvereinbarung (Chefarztbehandlung) kommt.

 

Vom Krankenhausträger eingesetzte externe (Vertrags-)Ärzte sind zunächst Erfüllungsgehilfen des Krankenhausträgers – dieses muss sich ein Fehlverhalten seiner Vertragsärzte also zurechnen lassen.

 

Bei der Chefarztbehandlung wird der totale Krankenhausaufnahmevertrag um einen so genannten Arztzusatzvertrag ergänzt. Partei des Zusatzvertrages bzw. der wahlärztlichen Leistungen ist dann der Wahlarzt, also ein Chefarzt, sofern Chefarztbehandlung gewünscht wird – er haftet ebenso wie der Krankenhausträger. Ein wirksames Zustandekommen eines Arztzusatzvertrages setzt allerdings voraus, dass der Patient vor der Leistungserbringung über mögliche zusätzliche Kosten der Wahlarztbehandlung und den Inhalt der Behandlung schriftlich aufgeklärt worden ist. Sollte ein Arztzusatzvertrag unwirksam sein, hat dies zur Folge, dass der Wahlarzt als Anspruchsgegner nach vertraglichen Gesichtspunkten ausscheidet – eine Haftung nach deliktischen Gesichtspunkten bleibt jedoch offen.

Behandlung durch einen Belegarzt

Belegärzte sind Ärzte, die Patienten mit den materiellen und personellen Ressourcen des Krankenhauses behandeln, aber vom Krankenhausträger keine Vergütung erhalten. Sie treten gegenüber Patienten bzw. den Krankenkassen als Vertragspartner auf und haften daher auch selbst im Falle von Behandlungsfehlern.

Behandlung durch einen Konsiliararzt

Konsiliarärzte sind niedergelassene Ärzte, die in die Behandlung eines stationär aufgenommenen Patienten einbezogen werden, wenn einem Krankenhaus zur Behandlung des Patienten die notwendigen Mittel fehlen.

 

Wird ein Konsiliararzt vom Krankenhausträger mit der Behandlung eines stationär aufgenommenen Patienten beauftragt, haftet der Krankenhausträger für etwaige Fehler des Konsiliararztes. Ebenso verhält es sich beim Hinzuziehen eines Konsiliararztes in eine Wahlarztbehandlung. Der Konsiliararzt ist in beiden Fällen Erfüllungsgehilfe des Krankenhausträgers.

 

Wird ein Konsiliararzt dagegen in eine belegärztliche Behandlung eines gesetzlich krankenversicherten Patienten einbezogen, ist der Belegarzt haftungsrechtlich dafür verantwortlich, dass der von ihm hinzugezogene Arzt ordnungsgemäß behandelt. Privatpatienten schließen demgegenüber jeweils einen separaten Behandlungsvertrag mit dem Belegarzt und dem hinzugezogenen Konsiliararzt – der Belegarzt haftet also nicht für Fehler des Konsiliararztes bei der Behandlung von Privatpatienten.

Gemeinschaftspraxen/ Praxisgemeinschaft

Wenn sich ein Patient von einem Arzt einer Gemeinschaftspraxis behandeln lässt, schließt er einen Behandlungsvertrag mit allen Ärzten der Gemeinschaftspraxis ab. Alle Ärzte der Gemeinschaftspraxis haften gegenüber dem Patienten gemeinsam – zumindest für solche Leistungen (so genannte „austauschbare Leistungen“), die von allen Partnern der Gemeinschaftspraxis erbracht werden können.

 

Dagegen schließt der Patient in einer Praxisgemeinschaft üblicherweise den Behandlungsvertrag mit dem Arzt, der ihn gerade behandelt. Nur dieser Arzt haftet für sein Handeln. Tritt die Praxisgemeinschaft aus Sicht des Patienten jedoch wie eine Gemeinschaftspraxis auf, können sich die Haftungsbedingungen ändern, so dass bei Praxisgemeinschaften eine gemeinsame Haftung nicht grundlegend ausgeschlossen ist.

Urlaubsvertretung

Wenn Ärzte aus unterschiedlichen Praxen beschließen, sich gegenseitig z. B. im Krankheits- oder Urlaubsfall zu vertreten, kann es zum Abschluss eigenständiger Behandlungsverträge und somit zur Haftung des jeweils behandelnden Arztes kommen. Dagegen haftet ein Arzt, der als Urlaubsvertretung für einen anderen Arzt in dessen Praxis tätig wird, nicht persönlich, da er keine eigene Vertragsbeziehung zu dem Patienten eingeht. Er ist in diesem Fall Erfüllungsgehilfe des abwesenden Arztes.

Wünschen Sie eine kostenlose Ersteinschätzung Ihres Falles?
Füllen Sie bitte unseren Patientenfragebogen aus, damit wir uns ein Bild machen können.