Bandscheibenvorfall und Bandscheibenoperation

Jährlich werden rund 150.000 Bandscheibenoperationen in Deutschland durchgeführt. Dabei konnten unter den Behandlungsfehlervorwürfen, die die MDK-Gemeinschaft im Jahr 2014 zur Untersuchung und Beurteilung vorgelegt bekommen hat, 42 Behandlungsfehler bei der Entfernung von erkranktem Bandscheibengewebe (OPS-Schlüssel 5-831) und 33 Behandlungsfehler bei anderen Operationen an der Wirbelsäule (OPS-Schlüssel 5-839) festgestellt werden.

Hueft TEP Operation kuenstliches Hueftgelenk Behandlungsfehler

Medizinische Indikation

Rückenschmerzen zählen in Deutschland zu den häufigsten Beschwerden: 34 Prozent der Deutschen klagen über rezidivierende oder chronische Rückenschmerzen. Einer der Gründe für chronische Rückenschmerzen kann ein Bandscheibenvorfall sein. Wenn dieser nicht durch konservative Methoden wie Schmerztherapie, Physiotherapie, Gymnastik und Muskelaufbau behandelt werden kann, wird nach individueller Diagnosestellung eine Operation an der betroffenen Bandscheibe vorgenommen. Bei anhaltenden Rückenschmerzen infolge von Bandscheibenverschleiß (Diskopathie) stellt die Implantation einer Bandscheibenprothese eine mögliche Therapieform dar.

 

Bandscheibenvorfälle können in folgenden Bereichen auftreten:

 

  • Halswirbelsäule,
  • Brustwirbelsäule und
  • Lendenwirbelsäule.

 

Im übertragenen Sinne wirken die 23 Bandscheiben des menschlichen Körpers wie Stoßdämpfer der Wirbelsäule. Eine Bandscheibe besteht aus einem Gallertkern (Nucleus pulposus) und einem harten Faserring (Anulus fibrosus). Mit zunehmendem Alter lässt die Elastizität der Bandscheibe nach, was mit dem sinkenden Wassergehalt zusammenhängt. Infolgedessen bilden sich kleine Risse in dem Faserring, die eine Wölbung des Gallertkerns nach außen bewirken können (Protrusion). Erst wenn der Gallertkern den Faserring durchbricht und Gallertmasse in den Rückenmarkskanal austritt, spricht man von einem Bandscheibenvorfall (Prolaps/Discusprolaps).

 

Zudem können unfallbedingte Verletzungen die Bandscheibe schädigen und zu einem Bandscheibenvorfall führen.

 

Rund 90 Prozent aller Bandscheibenvorfälle betreffen die Lendenwirbelsäule, die ebenso wie die Bandscheibe enormen Zug-, Druck- und Scherkräften ausgesetzt ist. Ein lumbaler Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule kann akute Rückenschmerzen, Schmerzen in Beinen und Armen, Taubheitsgefühle und Lähmungen hervorrufen. Seltener kommt es an der Halswirbelsäule zu einem Bandscheibenvorfall (zervikaler Bandscheibenvorfall).

Behandlung und Therapie

 

Gründe für die operative Entfernung von vorgefallenem Bandscheibengewebe

 

  • Erfolglose Kontrolle der Schmerzen mit konservativen Behandlungsmethoden über einen längeren Zeitraum,
  • Anhaltende Taubheitsgefühle und Lähmungserscheinungen,
  • Cauda-Syndrom: Quetschung der Nerven im unteren Teil des Rückenmarks, der sogenannten Cauda Equina, die Blasen- und Stuhlinkontinenz und Taubheitsgefühle im Genital- und Analbereich nach sich ziehen kann

Gründe für die Implantation einer Bandscheibenprothese

 

  • Bandscheibenbedingter Rückenschmerz infolge eines Bandscheibenverschleißes (Diskopathie),
  • Postnukleotomiesyndrom: anhaltender bandscheibenbedingter Rückenschmerz nach operativer Entfernung ausgetretener Gallertmasse

Operation

Bei einer Bandscheibenoperation wird vorgefallenes bzw. herausgetretenes Bandscheibengewebe entfernt. Zur Entfernung stehen verschiedene Verfahren zu Verfügung.

Minimal-invasive Verfahren

 

Minimal-invasive Verfahren können ambulant und unter lokaler Anästhesie angewendet werden. Allerdings eignen sich diese Verfahren nicht bei jedem Erkrankungsstadium des Bandscheibenvorfalls. Eine Sequestrierung (Heraustreten von Bandscheibengewebe) wird in der Regel nicht minimal-invasiv therapiert. Zu den klassischen minimal-invasiven Verfahren zählen

 

  • die Chemonukleolyse (chemische Verflüssigung mittels eines Enzyms und anschließendes Absaugen des inneren Gallertrings der Bandscheibe),
  • die Lasernukleotomie (Abtragung bzw. Verdampfung oder Gewebeschrumpfung des Bandscheibenkerns mithilfe eines Lasers),
  • die perkutane Nukleotomie (mechanisches Absaugen des Bandscheibenkerns unter Einsatz eines Endoskops durch Unterdruck) und
  • die Mikrochirurgie (Herausschneiden des Bandscheibenvorfalls über einen kleinen Schnitt unter Einsatz eines Mikroskops).

Bandscheibenprothese

 

Der Einsatz einer Bandscheibenprothese ist ein chirurgischer Eingriff, der immer die letzte Möglichkeit darstellt, wenn konservative Therapien einer Wirbelsäulenerkrankung keine anhaltende Linderung der Schmerzen bewirken.

 

Im Bereich der Halswirbelsäule muss vor Einsatz einer künstlichen Bandscheibe ausgeschlossen werden, dass

 

  • eine Entzündung der Wirbel (Spondylolitis),
  • eine Fraktur,
  • eine Osteoporose,
  • rheumatoide Arthritis oder
  • eine Infektion vorliegt.

 

Bei Operationen an der Lendenwirbelsäule müssen zuvor folgende Erkrankungen bzw. krankhafte Veränderungen der Wirbelsäule ausgeschlossen werden:

 

  • Verengung des Kanals für die Spinalnerven (Spinalkanalstenose),
  • Veränderungen der kleinen Gelenke der Wirbelsäule (Facettenarthropathie),
  • Versteifung von Wirbelkörpern (Spondylose),
  • Wirbelgleiten (Spondylolisthesis),
  • Schädigung der Spinalnerven (Radikulopathie),
  • Skoliose,
  • Kyphose,
  • Osteoporose,
  • eine Infektion und/oder
  • eine Fraktur.

 

Die Bandscheibenoperation zur Implantation einer Bandscheibenprothese erfolgt stationär und wird unter Vollnarkose durchgeführt. In der Regel dauert die Operation zwischen 90 und 120 Minuten. Die Dauer ist abhängig von der Lage der betroffenen Bandscheibe und dem Stadium der Degeneration bzw. der Schädigung. Die künstliche Bandscheibe wird unter Sichtkontrolle von vorne und von der Seite in der korrekten Position zwischen die Wirbel eingesetzt und verschraubt. Die Verankerung erfolgt über Titanplatten.

Risiken und Komplikationen

Wie jeder operative Eingriff ist auch eine Bandscheibenoperation mit allgemeinen und besonderen Risiken verbunden. Zu den allgemeinen Risiken einer Operation gehören Wundinfektionen, Wundheilungsstörungen, Thrombosen und/oder eine Lungenembolie.

 

Bei Operationen im Bereich der Lendenwirbelsäule können sich folgende Risiken verwirklichen:

 

  • Narbenbruch,
  • Bauchwandbruch,
  • Verletzung des Bauchfells oder des Darms,
  • Blasen- oder Harnleiterverletzung bei Ersatz der unteren Lendenwirbel,
  • Darmlähmung,
  • Erektionsprobleme,
  • Gefäßverletzungen und/oder
  • Reizungen der Nervenwurzeln.

 

Bei Operationen im Bereich der Halswirbelsäule kann es zu folgenden Komplikationen kommen:

 

  • Gefäßverletzungen,
  • Nervenreizungen und/oder
  • temporäre, in seltenen Fällen bleibende Heiserkeit.

 

Eine Bandscheibenprothesen-Operation birgt zudem die Gefahr, dass

 

  • das Implantat zwischen den Wirbeln wandert,
  • die Wirbelkörper, die zwischen zwei Wirbeln liegen, einsinken und/oder
  • sich die Bandscheibenprothese lockert.