400.000 € Schmerzensgeld wegen nicht indizierter HWS-OP

Wird ein schwerer operativer Eingriff, wie eine Halswirbelsäulenoperation (HWS-OP), durchgeführt, ohne dass zuvor eine gesicherte Diagnose stattgefunden hat, kann dies als grober Behandlungsfehler gewertet werden.

 

Hamm. Das Oberlandesgericht bestätigte im November letzten Jahres ein vom Landgericht Arnsberg ausgerurteiltes Schmerzensgeld i. H. v. 400.000,00 €. Das Schmerzensgeld war einer 56-jährigen zugesprochen worden, weil sie aufgrund verschiedener Behandlungsfehler, welche im Rahmen einer im Jahre 2009 durchgeführten HWS-OP aufgetreten sind, querschnittsgelähmt ist (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 11. November 2016 – 26 U 111/15).

 

Unvollständige Befunderhebung

 

Bei ihrer Begründung folgten sowohl das Landgericht Arnsberg als auch das Oberlandesgericht Hamm den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen. Dieser konnte nachvollziehbar darlegen und begründen, dass die im Vorfeld einer solch schwerwiegenden Operation durchgeführte Befunderhebung nicht dem Standard entsprach.

 

Fehlerhafte Diagnose

 

Die durchgeführte HWS-OP war auch aufgrund einer fehlerhaften Diagnose selbst nicht indiziert. Eine (wie von den Ärzten der beklagten Klinik diagnostizierte) Instabilität der Halswirbelsäulenbandscheibe C3/4 ist nach den Ausführungen des Sachverständigen aus dem gegebenen Bildmaterial und dem Operationsbericht nicht ersichtlich, so dass die Weiterführung der (weniger risikobehafteten) konservativen Therapie ebenso erfolgsversprechend gewesen wäre.

 

Unzureichende Aufklärung

 

Zumindest über die Möglichkeit des Abwartens im Hinblick auf die Durchführung einer Operation bzw. der Weiterführung der konservativen Behandlung hätte die Klägerin hingewiesen werden müssen. Dies geschah eben nicht, so dass das OLG in diesem Zusammenhang auch mangelnde Aufklärung feststellte.

 

Fehlerhafte Therapiewahl

 

Der Sachverständige begründete schließlich nachvollziehbar, dass das von den Ärzten der Beklagten gewählte Operationsverfahren kontraindiziert gewesen ist.

 

Insgesamt stellte das OLG Folgendes fest: „Es ist […] unbeachtlich, dass die Querschnittslähmung nicht unmittelbar auf einem Behandlungsfehler bei der Durchführung er Operation selbst beruht, sondern auf einer Komplikation wegen des aufgetretenen Hämatoms. Nachdem schon die Vornahme der Operation an sich und zudem die gewählte Operationsmethode (grob) fehlerhaft gewesen ist, kommt es hierauf nicht an.