Lungen-OP ohne wirksame Einwilligung

Das Oberlandesgericht Oldenburg verurteilte die Ammerland-Klinik Westerstede auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz, weil bei einem 17-Jährigen im Jahre 2009 eine Lungen-OP ohne wirksame Einwilligung durchgeführt wurde.

 

Oldenburg. Da eine Operation juristisch gesehen eine Körperverletzung darstellt, ist vor ihrer Durchführung die Einwilligung des Patienten notwendig. Wurde der Patient nicht ausführlich über bestehende alternative Therapien sowie Risiken und Komplikationen der Operation aufgeklärt, geht der Gesetzgeber von einer unwirksamen Einwilligung aus, so dass auch eine Operation, deren Durchführung zwar dem medizinischen Standard entsprochen hat, aufgrund von Aufklärungsfehlern aber rechtswidrig, also behandlungsfehlerhaft sein kann.

 

Standardgemäße Operation

 

In einer Reportage berichtet die NWZ von dem Fall des inzwischen 24-jährigen R. Weber: Im Jahr 2009 erlitt dieser während seiner Lehrzeit einen Spontanpneumothorax (hierbei gelangt Luft ohne erkennbare Ursache durch ein Loch in der Lunge in den Brustkorb). Während der Operation in der Ammerland-Klinik wurde ein Teil seiner Lunge entfernt und eine Verklebung des Pleuraraums, eine sog. Pleurodese, durchgeführt. Als der junge Mann nach der Operation aufwachte, litt er an unsagbaren Schmerzen. Später wurde bei ihm ein chronisches Schmerzsyndrom Grad II festgestellt.

 

Ernsthafte Zweifel an ordnungsgemäßer Aufklärung

 

Die gegen die Klinik erhobene Klage wurde vom Landgericht Oldenburg zunächst abgewiesen. Obwohl auch das Oberlandesgericht keine standardwidrige Therapiewahl feststellen konnte, erklärte es die durchgeführte Operation als rechtswidrig. Es stellte nachträgliche Änderungen am Aufklärungsbogen fest, so dass die Aussagen des Arztes im Hinblick auf ein ordnungsgemäß durchgeführtes Aufklärungsgespräch in ernsthafte Zweifel gezogen wurden. Auch der Vater des Klägers bestätigte diese Zweifel als er aussagte, dass er „den Aufklärungsbogen ‚blanko im Schwesternzimmer‘ unterschrieben“ habe.

 

Schmerzensgeld wegen unwirksamer Einwilligung

 

Aufgrund der festgestellten unzureichenden Aufklärung ist die zuvor erteilte Einwilligung unwirksam und die durchgeführte Operation rechtswidrig durchgeführt worden. Zur Festsetzung der Höhe des Schmerzensgeldes und des zu leistenden Schadensersatzes verwies das OLG den Fall wieder an das Landgericht Oldenburg.