OLG Nürnberg: Ausführliche Risikoaufklärung vor Hüft-OP notwendig
Ärztliche Heileingriffe bedürfen, um rechtmäßig zu sein, grundsätzlich der Einwilligung des Patienten. Damit das Selbstbestimmungsrecht des Patienten und somit sein Recht auf körperliche Unversehrtheit gewahrt bleibt, muss er vor jeder Behandlung ausführlicher über den Verlauf, die Erfolgschancen, mögliche Risiken und Behandlungsalternativen aufgeklärt werden.
OLG Nürnberg
Urteil v. 30.04.2015 – 5 U 2282/13
Tenor
I.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Amberg abgeändert und wie folgt gefasst:
1.
Die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 4) werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.05.2012 – soweit der Beklagte zu 1) verurteilt wird – seit 08.08.2012 – soweit der Beklagte zu 2) verurteilt wird – bzw. seit 30.08.2012 – soweit der Beklagte zu 4) verurteilt wird – zu bezahlen,
darüber hinaus einen Betrag von 2.772,41 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.05.2012 – Beklagter zu 1) – bzw. seit 08.08.2012 – Beklagter zu 2) – bzw. seit 30.08.2012 – Beklagter zu 4) -, sowie einen Betrag von 1.827,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.08.2012 – Beklagter zu 1) und zu 2) – bzw. seit 30.08.2012 – Beklagter zu 4).
2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 4) gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die dieser
in Folge der Operation an der linken Hüfte am 11.04.2011 entstanden sind und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III.
Die Gerichtskosten beider Rechtszüge haben die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 4) als Gesamtschuldner zu 3/4 zu tragen, im Übrigen trägt sie die Klägerin.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3). Die Beklagten zu 1),
zu 2) und zu 4) tragen die außergerichtlichen Kosten der Klägerin gesamtschuldnerisch zu
3/4.
Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 79.929,09 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Trägerin der orthopädischen Klinik B. …, den Chefarzt der orthopädischen Abteilung als Operateur sowie die an der streitgegenständlichen Operation beteiligten Assistenten auf Schadensersatz in Anspruch, weil bei einer am 11.04.2011 durchgeführten Hüftprothesen – Wechseloperation Behandlungsfehler unterlaufen seien und es auch an der erforderlichen Risikoaufklärung gefehlt habe.
Die Klägerin hatte etwa 10 Jahre vor dem streitgegenständlichen Eingriff linksseitig ein künstliches Hüftgelenk (Totalendoprothese) erhalten; etwa 1 1/2 Jahre vor dem streitgegenständlichen Eingriff war entweder das rechte Hüftgelenk ebenfalls durch eine Prothese ersetzt worden oder es war dort ein Prothesenwechsel erfolgt.
Im März 2011 stellte sich die Klägerin dem Chefarzt der orthopädischen Abteilung der Beklagten zu 1), dem Beklagten zu 2), vor, weil sie seit geraumer Zeit unter Beschwerden im Bereich der linken Hüfte litt; eine klinische Untersuchung ergab zwar eine gute Beweglichkeit ohne wesentliche Schmerzhaftigkeit, jedoch wurde durch Röntgenaufnahmen eine Dezentrierung des Femurkopfes in der Pfanne im Sinne einer Polyäthylenabrieberkrankung festgestellt, weshalb der Klägerin eine Prothesenwechseloperation empfohlen wurde. In dem mit dem Beklagten zu 2) geführten Vorgespräch war allerdings nur von einem Wechsel des Hüftkopfes die Rede. Da die Klägerin unter einer endgradigen Fußheberschwäche rechts litt (möglicherweise auf Grund eines Bandscheibenvorfalles), sprach sie gegenüber dem Beklagten zu 2) die Möglichkeit einer Nervschädigung bei dem beabsichtigten Eingriff an, wurde aber vom Beklagten zu 2) dahin beruhigt, dass die betreffenden Nerven nicht im Operationsgebiet lägen und deshalb nicht gefährdet seien. Am 08.04.2011 erteilte die Klägerin schriftlich ihre Einwilligung in die für den 11.04.2011 vorgesehene Operation auf einem standardisierten Aufklärungsbogen für den „Wechsel einer Hüftgelenksendoprothese“. Dieser Aufklärungsbogen enthält eine Aufzählung möglicher Komplikationen; genannt werden auch „sehr selten Nervenverletzungen, die trotz operativer Behandlung (Nervennaht) dauerhafte Störungen wie z.B. eine Teillähmung des Beines verursachen können“. Das Aufklärungsgespräch, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, wurde vom Beklagten zu 4) geführt. Dieser vermerkte handschriftlich in dem für „ärztliche Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch“ vorgesehenen Feld auf der letzten Seite des insgesamt 5 Seiten umfassenden Bogens „Vorgehen nach Befund“, „BLD (Anmerkung des Senats: Beinlängendifferenz)“, „Beschwerdepersistenz“, „Infektion, Wundheilungsstörung“, „Materialbruch“, „Schmerzen“.
Der Eingriff wurde plangemäß am 11.04.2011 vom Beklagten zu 2) als verantwortlichem Operateur unter Mitwirkung der Beklagten zu 3) und zu 4) als Assistenten ausgeführt. Intraoperativ zeigte sich, dass es bereits zu einem Metallabrieb im künstlichen Hüftgelenk gekommen war und dass die (mit Schrauben fixierte) Pfanne eine Instabilität im Sinne einer aseptischen Lockerung zeigte. Deshalb wurde nach entsprechendem Auffräsen des Pfannensitzes eine neue Hüftgelenkspfanne (Größe 52) eingeschlagen; weil der Operateur einen festen Sitz feststellte, verzichtete er auf eine zusätzliche Befestigung mittels Schrauben. Des Weiteren wurde der Aufsteckkopf der Femurkopfprothese ausgewechselt. Der Eingriff verlief ohne intraoperativ wahrgenommene Komplikationen, wurde allerdings als „sehr aufwendig“ bezeichnet. Unmittelbar postoperativ fiel bei der Klägerin eine Fußheber- und Kniestreckerschwäche links auf, weshalb der Verdacht einer Neuropraxie der Nervi femoralis und ischiadicus geäußert wurde. Die deswegen geplante neurologische Konsiliaruntersuchung wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, weil bei der Klägerin spätestens am 15.04.2011 erhebliche Schmerzen in dem operierten Bein auftraten, am 16.04.2011 eine Beinlängenverkürzung auffiel und bei einer daraufhin durchgeführte Röntgenuntersuchung eine Dislokation des künstlichen Hüftgelenkes festgestellt wurde, woraufhin die Klägerin, ihrem Wunsch entsprechend, zur Durchführung der nun erforderlichen Revisionsoperation in das Krankenhaus F. … verlegt wurde, wo am 17.04.2011 der Revisionseingriff (Pfannenwechsel sowie Kopfwechsel) erfolgte. In dem Arztbrief vom 27.04.2011 ist im Zusammenhang mit dem Revisionseingriff vermerkt, dass ein Pfannendachfragment im Bereich des Nervus ischiadicus frakturiert und disloziert gewesen sei. Außerdem wurde dort eine „hochgradige/subtotale Axonotmesis des peronealen Anteils des Nervus ischiadicus“ festgestellt mit „langwieriger ungünstiger Prognose“; eine Reinnervation der Fußheber könne, falls überhaupt, in 1 1/2 bis 2 Jahren erwartet werden. In der Folgezeit besserte sich der Nervschaden nicht; durch einen operativen Eingriff am 17.04.2012 (Tibialis-posterior-Transfer) konnte zwar die Auswirkung der Fußheberschwäche verringert, die Bewegungsbeeinträchtigung jedoch nicht gänzlich behoben werden.
Nach Klageerhebung traten weitere Komplikationen im Bereich der linken Hüfte auf; die Pfanne hatte sich erneut gelockert, woraufhin am 28.02.2013 die linksseitige Endoprothese vollständig entfernt wurde, wegen eines sogenannten Low-grade-Infekts jedoch nicht sogleich ein neues Gelenk eingebracht werden konnte; dies war erst am 16.05.2013 möglich.
Die Klägerin hat dem Beklagten vorgeworfen, durch behandlungsfehlerhaftes Vorgehen die Schädigung des linksseitigen Nervus ischiadicus verursacht zu haben. Im Zuge der Operation sei eine intraoperativ nicht erkannte Fraktur verursacht worden, die zur Folge gehabt habe, dass die neu eingesetzte Gelenkpfanne nicht ausreichend fest habe verklemmt werden können; sie habe sich demzufolge gelöst; das abgebrochene Knochenfragment habe den bereits durch die Operation selbst geschädigten Ischiadicusnerv zusätzlich beeinträchtigt. Aus dem Operationsbericht des Krankenhauses F. … vom 17.04.2011 gehe hervor, dass das dislozierte Pfannendachfragment den Ischiadicusnerv geschädigt habe. Diese Entwicklung hätte durch eine postoperative Röntgenkontrolle verhindert werden können. Zudem sei verkannt worden, dass wegen der intraoperativen Fraktur die sogenannte Pressfittechnik nicht mehr anwendbar gewesen sei. Auch hätte die Nervenlähmung bei Durchführung der gebotenen sofortigen neurologischen Untersuchung früher erkannt und dann mit besserer Aussicht auf Erfolg behandelt werden können.
Die Klage ist ferner auf ungenügende Risikoaufklärung gestützt worden. Die Klägerin hat beanstandet, nicht hinreichend über das Risiko einer Nervschädigung aufgeklärt worden zu sein. Der sehr allgemein gehaltene Hinweis auf mögliche Nervschäden in dem Aufklärungsformular genüge nicht; ein Patient könne sich allein auf Grund dieses Hinweises kein Bild von der Schwere der möglicherweise eintretenden Schäden machen. In dem mit dem Beklagten zu 4) geführten Aufklärungsgespräch sei über mögliche Nervschäden gar nicht gesprochen worden; dies sei nur in dem Vorgespräch mit dem Beklagten zu 2) geschehen, jedoch mit dem Ergebnis, dass die Klägerin mit einer Nervschädigung nicht habe zu rechnen brauchen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (bei einer Betragsvorstellung der Klägerin von 50.000,00 €) sowie zur Zahlung eines Betrages von 4.929,09 € wegen bereits entstandener materieller Schäden beantragt; ferner sollte festgestellt werden, dass die Beklagten verpflichtet seien, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem operativen Eingriff am 11.04.2011 entstanden seien oder noch entstünden.
Wegen der Fassung der Klageanträge im Einzelnen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt; sie haben Behandlungsfehler jeglicher Art in Abrede gestellt und behauptet, die Klägerin sei vor dem Eingriff hinreichend über das Risiko, das sich später verwirklicht habe, aufgeklärt worden. Insbesondere treffe die Behauptung der Klägerin nicht zu, intraoperativ sei es zum Ausbruch eines Knochenstückes im Bereich der Hüftpfanne gekommen; dies widerlegten die unmittelbar postoperativ gefertigten Röntgenbilder. Zudem sei eine Schädigung des Nervus ischiadicus durch ein solches Knochenfragment schon aus anatomischen Gründen nicht vorstellbar. Das Implantat habe postoperativ einen perfekten Sitz aufgewiesen. Die erst einige Tage später eingetretene Dislokation des künstlichen Gelenkes sei eine mögliche Komplikation, die in dem Aufklärungsbogen auch genannt werde; der aufklärende Arzt, der Beklagte zu 4), habe die Klägerin zudem mündlich darauf hingewiesen. Die Verletzung des Peroneusnerven sei schon am 12.04.2011 bemerkt worden; hierauf sei sachgemäß reagiert worden, eine sofortige Vorstellung bei einem Neurologen sei nicht erforderlich gewesen. Sollte entgegen der Darstellung der Beklagten von einem Aufklärungsmangel ausgegangen werden, werde eingewandt, dass die Klägerin sich auch bei zutreffender Aufklärung für die Durchführung des Eingriffs entschieden hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat ein fachorthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. G. … eingeholt und den Sachverständigen ergänzend angehört. Danach hat es die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, auf Grund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. G. … habe ein Behandlungsfehler der Beklagten nicht festgestellt werden können. Insbesondere sei eine Fraktur im Bereich des knöchernen Pfannenlagers oder ein abgesprengtes Knochenstück weder auf dem intraoperativen Durchleuchtungsbild noch auf dem postoperativ gefertigten Röntgenbild zu sehen; erst auf dem Röntgenbild vom 16.04.2011 sei die Ausbruchstelle erkennbar, und zwar an einer Stelle, die auch von den zuvor gefertigten Aufnahmen abgebildet werde, woraus zu schließen sei, dass der Ausbruch erst nach der Operation eingetreten sei. Das ausgebrochene Pfannendachfragment könne auch nicht ursächlich für die Nervenläsion geworden sein. Das folge schon aus den anatomischen Gegebenheiten, aber auch daraus, dass unmittelbar postoperativ die Nervenläsion schon vorgelegen habe, nicht aber die Pfannendachfraktur. Vielmehr handele es sich hochwahrscheinlich um einen Traktionsschaden im Zuge der notwendigen Pfannenlagerpräparation, begünstigt durch die Verringerung der Gewebselastizität auf Grund der Voroperation. Entgegen der klägerischen Behauptung sei eine vollständige Durchtrennung des Nerven auszuschließen. Deshalb sei eine Therapie mittels Nervennaht nicht angebracht gewesen. Auch sonstige Behandlungsfehler hätten nicht festgestellt werden können; es hätten sich in Gestalt der eingetretenen Komplikationen typische Operationsrisiken schicksalhaft verwirklicht.
Eine Haftung der Beklagten ergebe sich auch nicht aus einer fehlerhaften Aufklärung. Zur Überzeugung des Gerichts sei nämlich die Klägerin über die Risiken der Nervverletzung und des Knochenbruchs aufgeklärt worden. Hinreichende Aufklärung habe die Klägerin durch den Inhalt des Aufklärungsbogens erfahren. Diesen Bogen habe die Klägerin rechtzeitig erhalten, so dass sie ihn habe durchlesen können. Dass eine Nervschädigung als Folge der Hüftgelenksprothesenimplantation möglich sei, sei der Klägerin zudem deshalb bekannt gewesen, weil sie bereits bei einem früheren vergleichbaren Eingriff eine solche Schädigung erlitten habe. Zudem sei die Klägerin durch den Beklagten zu 4) hinreichend mündlich aufgeklärt worden. Dieser habe sich zwar nicht mehr an das konkrete Gespräch erinnern können, jedoch ausgeführt, dass er vor derartigen Operationen stets bestimmte Risiken anspreche, u.a. diejenigen einer Nervenverletzung, einer Prothesenlockerung und eines Knochenbruches während der Operation oder danach. Dies nehme man auch handschriftlich in den Bogen auf. Zwar habe der Beklagte zu 4) nicht erklären können, weshalb er im Fall der Klägerin das Risiko der Nervverletzung nicht handschriftlich vermerkt habe, doch bestehe keine Notwendigkeit, sämtliche im Aufklärungsbogen erwähnten Risiken auch in den handschriftlichen Anmerkungen zu wiederholen. Das Vorgespräch im März 2011 mit dem Beklagten zu 2) ändere nichts daran, dass die Klägerin hinreichend über die Möglichkeit einer Nervschädigung unterrichtet gewesen sei. Maßgeblich sei das Aufklärungsgespräch vom 08.04.2011. Bei dem Vorgespräch im März 2011 habe zudem noch nicht einmal festgestanden, dass ein Prothesenwechsel erfolgen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf das Endurteil vom 23.10.2013 verwiesen.
Dieses Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25.10.2013 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 20.11.2013, der am gleichen Tag bei dem Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen ist, hat die Klägerin Berufung eingelegt; mit weiterem Schriftsatz vom 27.1.2014, am gleichen Tag und damit innerhalb der bis zu diesem Tag verlängerten Frist eingegangen, hat sie das Rechtsmittel begründet.
Die Klägerin verfolgt ihre erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiter. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Einwilligung der Klägerin in den Eingriff vom 11.04.2011 mangels genügender Aufklärung nicht wirksam gewesen. Der Beweis, dass der Beklagte zu 4) auch im Falle der Klägerin die Risikoaufklärung so ausgeführt habe, wie er dies in vergleichbaren Fällen stets zu tun pflege, könne hier nicht schon deshalb als geführt angesehen werden, weil eine solche ständige Aufklärungsübung des Beklagten zu 4) erwiesen sei. Dagegen spreche im Fall der Klägerin der Umstand, dass gerade das Risiko der Nervschädigung nicht in den ärztlichen Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch handschriftlich aufgeführt worden sei. Zudem sei die Aufklärung, selbst wenn unterstellt werde, dass Nervschädigungen in allgemeiner Form angesprochen worden seien, nicht hinreichend konkret gewesen, weil der gefährdete (und tatsächlich auch geschädigte) Nerv nicht erwähnt worden sei. Hier müsse auch der Umstand berücksichtigt werden, dass in dem vorhergehenden Gespräch mit dem Beklagten zu 2) der Klägerin erklärt worden sei, sie müsse eine Nervschädigung nicht befürchten, weil der Ischiasnerv von der Operation nicht berührt werde. Zudem könne eine Risikoverwirklichungswahrscheinlichkeit von mehr als 3,5 %, wovon auf Grund eines zwischenzeitlich von der Klägerin eingeholten Gutachtens des Dr. H. … auszugehen sei, nicht mehr als „sehr selten“ bezeichnet werden, wie aber in dem Aufklärungsbogen angegeben. Des Weiteren fehle es an einer Aufklärung über das Fehlschlagsrisiko, das sich hier ebenfalls verwirklicht habe. Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Erholung eines radiologischen Zusatzgutachtens sowie eines nervenärztlichen Zusatzgutachtens sei vom Landgericht zu Unrecht abgelehnt worden.
Gestützt auf die Aussage des Privatsachverständigen Dr. H. … sei die Klägerin weiter der Auffassung, dass bei der Durchführung der Operation ein handwerklicher Fehler unterlaufen sei; die künstliche Hüftpfanne sei nicht ausreichend fixiert worden, sonst hätte sie sich nicht alsbald lösen können. Ein weiterer Behandlungsfehler liege darin, dass die mögliche Ursache des schon am 12.04.2011 festgestellten Nervenschadens (erstmals dokumentiert schon am 11.04.2011 um 21.45 Uhr) nicht umgehend untersucht worden sei. Es seien auch Ursachen für den Nervenschaden in Betracht gekommen, die eine sofortige Behandlung unabdingbar gemacht hätten, etwa die Entwicklung eines Hämatoms, das den Nerven unter Druck gesetzt habe. Das schlichte Abwarten seitens der Beklagten sei somit fehlerhaft gewesen.
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:
Unter Abänderung des Endurteiles des Landgericht Amberg vom 23.10.2013, Az. 22 O 585/12 werden bzw. wird
1. die Beklagten zu 1) bis 4) verurteilt, gesamtschuldnerisch an die Klägerin wegen der Folgen einer Hüftgelenksendoprothese links am 11.04.11 ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt und welches für den Fall der Säumnis mit 50.000,00 € beziffert wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 09.05.12 zu bezahlen,
2. die Beklagten zu 1) bis 4) verurteilt, an die Klägerin 4.929,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 30.05.12 zu bezahlen,
3. festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 4) verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die dieser aus den Folgen der Hüftoperation vom 11.04.11 entstanden sind und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte, insbesondere öffentlich-rechtliche Versicherungs- und/oder Versorgungsträger übergegangen sind oder übergehen werden,
4. die Beklagten zu 1) bis 4) verurteilt, an die Klägerin 2.879,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Zustellung der Klage zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Behandlung der Aufklärungsrüge durch das Landgericht sei nicht zu beanstanden. Auf die Erörterungen der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) im März 2011 komme es nicht an, weil damals noch nicht festgestanden habe, welche konkrete Behandlung erfolgen werde. Maßgeblich sei das Aufklärungsgespräch vom 08.04.2011; der Klägerin sei nicht nur der Aufklärungsbogen überlassen worden, vielmehr habe der Beklagte zu 4) die Klägerin auch entsprechend mündlich aufgeklärt. Dementsprechend sei die Klägerin nicht nur allgemein über „Nervenverletzungen“ unterrichtet worden, sondern auch darüber, dass ein Lähmungsrisiko bestehe.
Das Gutachten des Dr. H. … treffe inhaltlich nicht zu. Zudem sei über die Höhe der Komplikationsrate nicht aufzuklären. Wenn ein Patient diese zu erfahren wünsche, sei eine Nachfrage zu erwarten.
Auch die Verneinung eines Behandlungsfehlers sei nicht zu beanstanden. Insbesondere treffe die Auffassung des Dr. H. … nicht zu, aus der nachträglichen Lockerung der Hüftpfanne könne auf eine ungenügende Fixierung intraoperativ geschlossen werden. Der Einholung der von der Klägerin beantragten Zusatzgutachten habe es nicht bedurft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Senat hat die Klägerin ergänzend angehört und den Sachverständigen Prof. Dr. G. … erneut befragt. Auf die Sitzungsniederschrift vom 24.10.2014 wird insoweit verwiesen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). Das Rechtsmittel hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.
1.
Unter dem Gesichtspunkt eines Behandlungsfehlers hat das Landgericht die Klage freilich zu Recht für unbegründet gehalten. Dies gilt auch in Ansehung der vertiefenden und durch das Gutachten des Dr. H. … gestützten Ausführungen der Klägerin im Berufungsrechtszug.
a)
Auch der Senat kann nicht feststellen, dass im Zuge der Operation vom 11.04.2011 die nach entsprechendem Ausfräsen eingebrachte neue Pfanne in vorwerfbarer Weise nicht hinreichend fest verklemmt worden sei mit der Folge, dass sie sich einige Tage später aus ihrem Sitz im Knochen habe lösen können und damit den Zweiteingriff erforderlich gemacht habe. Die hier angewendete Methode der zementfreien Implantierung ist, was auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, ein bewährtes Verfahren. Die künstliche Gelenkpfanne wird hierbei in den zuvor entsprechend ausgefrästen Hüftknochen so eingebracht, dass sie mit einer gewissen Spannung sitzt (Pressfitverfahren) und über diesen Klemmsitz eine hinreichende Primärfestigkeit erlangt, bis durch das Einwachsen in den Hüftknochen die endgültige, dann höhere Festigkeit erlangt wird. Voraussetzung für eine hinreichend feste Verklemmung ist ein geschlossener Knochenring, der hier ganz offensichtlich gegeben war. Dass bereits bei dem Einsetzen der Pfanne ein Knochenausbruch im Bereich des Pfannenrandes erfolgt ist – mit der Folge, dass der erforderliche Ringschluss nicht mehr gegeben war -, steht nicht fest; nach der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. G. … lässt weder das intraoperativ gefertigte Durchleuchtungsbild noch das Kontrollröntgenbild nach dem Eingriff eine Fraktur in dem Bereich erkennen, in dem später – auf dem Bild vom 16.04.2011 – der Ausbruch gesehen werden konnte. Entgegen der Auffassung des Privatgutachters Dr. H. … in seinem Gutachten vom 08.01.2014 kann aus dem Umstand, dass es einige Tage nach der Operation zu einer Dislokation der Hüftpfanne gekommen ist, nicht ohne weiteres auf einen operationstechnischen Fehler geschlossen werden. Der Sachverständige Prof. Dr. G. … hat dem Senat erläutert, dass die mit der sogenannten Pressfitmethode erreichbare Primärfestigkeit einer künstlichen Gelenkpfanne keine vollständige Sicherheit dafür bietet, dass die im Zuge der Mobilisation des Patienten auftretenden Kräfte im Hüftgelenksbereich ohne Auftreten eines Defekts, d.h. einer Dislokation der Pfanne, ertragen werden können. Deshalb darf der Patient anfänglich das operierte Bein nur begrenzt belasten und muss eine Reihe von Verhaltensregeln beachten, die das Entstehen übermäßiger – in bestimmte Richtungen wirkender – Kräfte auf das Gelenk verhindern sollen, bis es zum knöchernen Einwachsen der Prothese kommt. Dennoch kann eine frühzeitige Lockerung, wie sie hier eingetreten ist, nicht sicher vermieden werden. Dieses Risiko beträgt nach Einschätzung des Sachverständigen bei einer Wechseloperation wie im Fall der Klägerin etwas weniger als 1%, ist also keineswegs ganz gering. Wegen des Verbleibens dieser – nicht nur theoretischen – Möglichkeit und des Fehlens konkreter Hinweise darauf, dass bei dem Eingriff vom 11.04.2011 fehlerhaft vorgegangen worden ist, kann aus dem Eintritt der Lockerung der Schluss auf eine ungenügende Verankerung der Gelenkpfanne durch die Operateure nicht gezogen werden. Etwa zusätzlich verwendete Schrauben – auf deren Einsatz im Fall der Klägerin verzichtet worden war – hätten, so der Sachverständige, diese (Primär-)Festigkeit nicht nennenswert erhöht; der Nutzen derartiger Schrauben sei nicht erwiesen. Im Übrigen besteht insoweit kein wirklicher Widerspruch zu den Aussagen des Gutachters Dr. H. …; dessen Schlussfolgerung, die Pfanne könne nicht korrekt eingesetzt worden sein, weil sie ansonsten nicht alsbald ausgebrochen wäre, stand unter der Prämisse, dass die „erlaubte Teilbelastung“ nicht überschritten worden sei. Das aber kann, wie ausgeführt, gerade nicht vollständig sichergestellt werden, so dass es auch im Fall der Klägerin zu einer ungewollten kurzfristigen Überlastung gekommen sein kann, die bereits genügt haben kann, um die fehlerfrei verankerte Pfanne zur Dislokation zu bringen.
Der Einholung eines radiologischen Zusatzgutachtens bedarf es insoweit auch nach Auffassung des Senats nicht. Der Sachverständige war in der Lage, auf Grund seiner Fachkenntnisse die Beweisfrage zu beantworten; es ist nicht ersichtlich, dass ein Radiologe anhand des vorliegenden Bildmaterials zusätzliche Erkenntnisse im Sinne der klägerischen Behauptungen gewinnen könnte. Im Übrigen liegt auf der Hand, dass die Festigkeit eines Klemmsitzes, also das Maß der Verspannung des Hüftknochens um die eingeschlagene Pfanne, nicht auf Grund eines Röntgenbildes eingeschätzt werden kann. Dass intraoperativ die später festgestellte Fraktur noch nicht eingetreten war, konnte der Sachverständige Prof. Dr. G. … mit hinreichender Sicherheit anhand der Röntgenbilder feststellen.
b)
Den Beklagten kann auch nicht vorgeworfen werden, nach der Feststellung der Nervschädigung eine erforderliche weitere Diagnostik unterlassen und damit zur Vergrößerung oder Verfestigung des Nervenschadens beigetragen zu haben. Zwar ist dem Privatgutachter Dr. H. … darin zuzustimmen, dass es auch Schädigungsmechanismen gibt, die eine sofortige operative Intervention erfordern, etwa eine Druckschädigung eines Nervens durch ein Hämatom, weil durch die Entlastung des Hämatoms der fortwährende und den Nerven noch weiter schädigende Druck beseitigt werden kann. Dr. H. … hat aber nicht berücksichtigt, dass ein derartiger Mechanismus zu einer nur allmählichen Beeinträchtigung der Nervenleitfunktion führen müsste, im Fall der Klägerin aber unmittelbar nach dem Eingriff bereits die Fußheberschwäche festgestellt worden war, was für einen bereits abgeschlossenen Schädigungsmechanismus spricht, der durch operative Intervention nicht mehr beeinflusst werden kann. Dies hat der Sachverständige Prof. Dr. G. … dem Senat nachvollziehbar und überzeugend erläutert. Hätte man, um ein Hämatom als Schadensursache auszuschließen, eine entsprechende Diagnostik betrieben, also eine Sonographie durchgeführt oder ein Computertomogramm veranlasst, so hätte man mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gerade keinen reaktionspflichtigen Befund erhalten, wie der Sachverständige ausgeführt hat. Selbst wenn man also – entgegen der Meinung des Sachverständigen, der es für vertretbar gehalten hat, auf solche Diagnostik zu verzichten – das Unterlassen dieser weiteren Diagnostik für fehlerhaft hielte, ergäbe sich nach der Rechtsprechung zum sogenannten einfachen Befunderhebungsfehler keine Beweislastumkehr zu Gunsten der Klägerin; den Beweis, dass die hier gegebene Nervschädigung tatsächlich in ihrem Ausmaß durch einen unverzüglichen Eingriff noch hätte beeinflusst werden können und auch vorteilhaft beeinflusst worden wäre, kann die Klägerin auf Grund der Aussage des Sachverständigen keinesfalls erbringen. Ein sogenannter grober Befunderhebungsfehler kommt hier nicht in Betracht. Es war auch nicht fehlerhaft, die neurologische Untersuchung erst einige Tage nach der Feststellung der Nervschädigung vorzusehen, weil unter der Prämisse, dass eine vollständige Durchtrennung des Nerven nicht erfolgt war, eine elektrophysiologische Messung der Nervenleitfunktion erst nach etwa 10 Tagen zu einem aussagekräftigen Ergebnis hätte führen können. Dass eine vollständige Durchtrennung nicht vorgelegen hatte, ergab sich zweifelsfrei aus dem Umstand, dass die Nervenleitfunktion nicht vollständig ausgefallen, sondern nur beeinträchtigt war, wenn auch in erheblichem Umfang. Das von der Klägerin beantragte neurologische Zusatzgutachten braucht nicht erholt zu werden. Eine Durchtrennung des Nervus ischiadicus, etwa durch einen versehentlichen Schnitt mit einem scharfen Werkzeug im Zuge des Eingriffes, hätte, wie im schriftlichen Gutachten des Sachverständigen auf Seiten 26/27 (Bl. 116/117 d. A.) näher dargestellt, wesentlich schwerer wiegende Funktionsausfälle des betroffenen Beines zur Folge als bei der Klägerin gegeben. Sie kann daher ausgeschlossen werden. Dass ein neurologisches Zusatzgutachten insoweit zu einem anderen Ergebnis käme, schließt der Senat aus, zumal auch die im Krankenhaus F. … durchgeführte neurologische Untersuchung (vom 21.04.2011) den Befund einer hochgradigen/subtotalen Axonotmesis des peronealen Anteils des Nervus ischiadicus und nicht eine vollständige Durchtrennung dieses Nerven ergeben hatte.
2.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich jedoch eine Haftung der Beklagten zu 1), zu 2) und zu 4), nicht aber des Beklagten zu 3), aus einer unzureichenden Aufklärung der Klägerin über das Risiko einer schwerwiegenden Nervschädigung im Zuge des Eingriffs. Die Operation am 11.04.2011 war daher rechtswidrig.
a)
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedürfen ärztliche Heileingriffe grundsätzlich der Einwilligung des Patienten, um rechtmäßig zu sein, und kann diese Einwilligung nur wirksam erteilt werden, wenn der Patient über den Verlauf des Eingriffs, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche Behandlungsalternativen mit wesentlich anderen Belastungen, Chancen und Gefahren im Großen und Ganzen aufgeklärt worden ist, um das Selbstbestimmungsrecht des Patienten und sein Recht auf körperliche Unversehrtheit zu wahren (beispielsweise BGHZ 166, 336). Für die Risikoaufklärung im Besonderen gilt, dass eine exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken nicht erforderlich ist, dem Patienten aber eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren vermittelt werden muss (BGHZ 90, 103). Dabei ist auch über sehr seltene Risiken aufzuklären, die im Fall ihrer Verwirklichung die Lebensführung schwer belasten und trotz ihrer Seltenheit für den Eingriff spezifisch, für den Laien aber überraschend sind. Hiervon ist auch das Landgericht zutreffend ausgegangen. Dabei genügt die Aushändigung eines Informationsblattes, das mit einem Einwilligungsformular verbunden sein kann, grundsätzlich nicht; derartige schriftliche Hinweise können das Aufklärungsgespräch vorbereiten, aber nicht ersetzen (so jetzt auch § 630 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB). Ein vom Arzt und dem Patienten unterzeichnetes Einwilligungsformular ist allerdings ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs, und zwar sowie in positiver als auch negativer Hinsicht (BGH NJW 2014, 15, 27). Im vorliegenden Falle enthält das von der Klägerin unterzeichnete Einwilligungsformular neben zahlreichen anderen Hinweisen auf mögliche Komplikationen auch einen Hinweis auf Nervenverletzungen, die dauerhafte Störungen wie beispielsweise eine Teillähmung des Beines verursachen könnten. Die Klägerin hat dagegen bestritten, dass in dem – als solchem nicht streitigen – Aufklärungsgespräch mit dem Beklagten zu 4) das Nervschädigungsrisiko erwähnt worden sei. Der vom Landgericht hierzu angehörte Beklagte zu 4) konnte sich an das konkrete Gespräch nicht mehr erinnern. Dennoch hat das Landgericht – so versteht der Senat die Ausführungen auf Seiten 15 und 16 der Urteilsgründe – die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin seitens des Beklagten zu 4) auch über das Nervverletzungsrisiko unterrichtet worden ist. Maßgeblich hierfür war für das Landgericht, dass der Beklagte zu 4) „nachvollziehbar“ (gemeint wohl: glaubhaft) geschildert hatte, wie er generell Aufklärungsgespräche für vergleichbare Operationen führe; er spreche in solchen Fällen stets das Blutungsrisiko, das Risiko einer Nervenverletzung, das Thromboserisiko, das Infektionsrisiko und die Möglichkeit einer Prothesenlockerung und eines Knochenbruchs an. Diese Beschreibung der ständigen Aufklärungsübung des Beklagten zu 4) hat dem Landgericht die Überzeugung verschafft, auch im konkreten Fall der Klägerin sei das Gespräch in gleicher Weise und damit unter Einschluss der Erwähnung einer möglichen Nervenverletzung geführt worden. Diese Feststellung des Landgerichts bindet den Senat jedoch nicht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nämlich unvollständig. Zwar hat es keineswegs übersehen, dass der Beklagte zu 4) auch geschildert hatte, er nehme unter den „ärztlichen Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch“ stets auch die Punkte auf, die er grundsätzlich dem Patienten gegenüber anspreche, im Streitfall jedoch das Risiko einer Nervenverletzung gerade nicht handschriftlich vermerkt worden war. Richtig ist auch, dass der aufklärende Arzt nicht gehalten ist, bei Verwendung derartiger Aufklärungsbögen sämtliche von ihm gegebenen mündlichen Erläuterungen stichwortartig auch noch schriftlich zu vermerken. Nicht erwogen hat das Landgericht jedoch den Umstand, dass der Beklagte zu 4) im Streitfall ersichtlich von der ständigen Aufklärungsübung, die er geschildert hatte, insofern abgewichen war, als er nicht sämtliche der von ihm üblicherweise besonders angesprochenen Punkte auch handschriftlich vermerkt hatte, so dass Zweifel begründet sind, ob das Aufklärungsgespräch am 08.04.2011 vollständig nach dem „üblichen Muster“ abgelaufen ist. Zwar kommt auch in Betracht, dass der Beklagte zu 4) entsprechend seiner ständigen Übung das Nervschädigungsrisiko tatsächlich mündlich erwähnt, die – ebenso übliche – handschriftliche Notiz bei den „Anmerkungen“ aber unterlassen hat, was für die Wirksamkeit der Aufklärung ohne Bedeutung wäre. Ebenso möglich und keineswegs von vornherein weniger wahrscheinlich ist aber auch, dass der Risikohinweis ausnahmsweise unterblieben ist und aus diesem Grund der entsprechende handschriftliche Vermerk fehlt. Aus der Sicht des Senats begründet dieser Umstand durchaus Zweifel daran, ob der Beklagte zu 4) auch gegenüber der Klägerin das Nervschädigungsrisiko angesprochen hat.
b)
Dem unstreitigen Umstand, dass der Beklagte zu 2) bei dem Vorgespräch im März 2011 der Klägerin auf deren Nachfrage erklärt hatte, ein Nervverletzungsrisiko bestehe bei der in Aussicht genommenen Operation schon aus anatomischen Gründen nicht, hat das Landgericht keine Bedeutung beigemessen. Darin folgt ihm der Senat nicht. Gegenstand dieses Gesprächs war zumindest ein partieller Prothesenwechsel durch Erneuerung des Hüftkopfes. Auch wenn diese Maßnahme nur eventuell, also befundabhängig, geplant gewesen sein sollte, musste die Klägerin die vom Beklagten zu 2) gegebenen Erläuterungen zum Nervenschädigungsrisiko auch auf diesen Fall beziehen. Fasst man nur einen solchen Hüftkopfwechsel ins Auge, mögen die Ausführungen des Beklagten zu 2) medizinisch durchaus zutreffend gewesen sein. In einem solchen Fall hätte nicht die Notwendigkeit bestanden, zur Ermöglichung des Pfannenwechsels den Hüftkopf beiseite zu schieben und in dieser Position eine Zeitlang zu belassen; gerade dieses Wegdrücken des bei der Pfannenpräparation störenden Hüftkopfes kann aber, wie vom Sachverständigen ausführlich erläutert, zu der hier eingetretenen Nervschädigung führen. Der Beklagte zu 4) hat nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten die Klägerin bei dem eigentlichen Aufklärungsgespräch zur Operation am 08.04.2011 darüber unterrichtet, dass befundabhängig es auch zu einem Auswechseln der Hüftpfanne kommen werde. Gerade im Falle dieser fakultativen Operationserweiterung bestand aber das Risiko für den Nervus ischiadicus, das sich im Fall der Klägerin auch verwirklicht hat. Über diese angesichts der bei ungünstigem Verlauf zu befürchtenden erheblichen und irreversiblen Auswirkungen auf die Lebensführung der Klägerin durchaus bedeutsame Änderung des Risikospektrums wurde die Klägerin nicht unterrichtet. Der Beklagte zu 4), der vom Inhalt des von der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) geführten Gesprächs keine Kenntnis gehabt haben dürfte, mag keinen Grund gesehen haben, hierauf besonders aufmerksam zu machen. Es liegt aber nahe, dass die Klägerin, der zuvor vom Beklagten zu 2) – immerhin dem Chefarzt der orthopädischen Abteilung des Krankenhauses – beruhigende Erklärungen hinsichtlich des Nervschädigungsrisikos gegeben worden waren, hierauf vertraut hat und die anhand eines Standardformulars erfolgende allgemeine Risikoaufklärung durch den Beklagten zu 4), auch wenn diese einen Hinweis auf ein Nervschädigungsrisiko enthalten haben sollte, insoweit nicht auf ihren besonderen Fall bezogen hat; dass gerade die vom Beklagten zu 4) angesprochene mögliche Operationserweiterung, die zuvor nicht Gegenstand der Unterredung der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) gewesen war, die Richtigkeit der vom Beklagten zu 2) gegebenen Erläuterungen zum Nervschädigungsrisiko in Frage stellte, wenn nicht sogar vollständig entwertete, konnte die Klägerin als Nichtmedizinerin nicht wissen. Unter diesem Gesichtspunkt war zumindest die Einwilligung der Klägerin in die Auswechselung auch der künstlichen Gelenkpfanne nicht wirksam.
c)
Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass die in dem verwendeten Einwilligungsformular gegebenen Hinweise zum Nervschädigungsrisiko, die der Beklagte zu 4) möglicherweise der Klägerin auch mündlich vermittelt hat, inhaltlich keine zutreffende Unterrichtung über die Risiken des beabsichtigten Eingriffs geben konnten. Zwar ist der Hinweis entgegen der Auffassung der Klägerin hinreichend bestimmt in Bezug auf die Art der möglichen Schädigung und die Schwere der Auswirkung einer solchen Komplikation; es ist nicht erforderlich, die Nerven, die bei einem bestimmten Eingriff typischerweise gefährdet sind, anatomisch exakt zu bezeichnen und die Auswirkungen einer etwaigen Nervschädigung in allen Einzelheiten darzulegen; vielmehr kommt es darauf an, dem Patienten einen zutreffenden Eindruck von der Schwere des Eingriffs und von der Art der Belastungen zu vermitteln, die für seine körperliche Integrität und Lebensführung auf ihn zukommen können (BGH VersR 2001, 592). Im Streitfall wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass sich eine Nervschädigung als irreversibel, d.h. auch durch eine entsprechende Behandlung nicht zu beseitigen, darstellen kann und dass sie zu einer teilweisen Lähmung des betroffenen Beines führen könne. Eine Fußheberschwäche, wie sie bei der Klägerin eingetreten ist, stellt sich als teilweise Lähmung des Fußes dar und wird deshalb von dem Hinweis auf eine mögliche „Teillähmung des Beines“ umfasst (siehe auch Urteil des Senats vom 07.10.2011, 5 U 410/11, zu einem vergleichbaren Fall, in dem allerdings ein anderer Aufklärungsbogen verwendet worden war). Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Senats vom 16.07.2004 (NJW-RR 2004, 1543) zu Grunde gelegen hatte; im damals zu beurteilenden Fall hatte der Aufklärungsbogen lediglich eine Auflistung enthalten, die auch – ohne weitere Erläuterung – „Gefäß- und Nervenverletzung“ angesprochen hatte. Dennoch ist die Risikoerläuterung in dem hier verwendeten Aufklärungsbogen in zweifacher Hinsicht ungenügend. Zum einen wird der Patient nicht darüber unterrichtet, dass eine Nervenverletzung auch zu einer so erheblichen und dauerhaften Schmerzbeeinträchtigung führen kann, dass die ständige Einnahme von Schmerzmitteln erforderlich wird; so hat es sich im Fall der Klägerin verhalten, wobei der Sachverständige Prof. Dr. G. … erläutert hat, bei einer Nervschädigung des hier gegebenen Ausmaßes sei ein derartiger Dauerschmerz durchaus typisch. Hierüber war aufzuklären. Dass eine Nervbeschädigung nicht nur – unter Umständen dauerhafte – Funktionsbeeinträchtigungen nach sich ziehen kann, wovon die Klägerin bei Unterstellung einer formblattgemäßen Aufklärung unterrichtet worden ist, sondern auch dauerhafte und erhebliche Schmerzen erzeugen kann, kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden; andererseits bedeutet die Chronifizierung von Schmerzen mit der Folge der Notwendigkeit dauernder Medikamenteneinnahme eine erhebliche Belastung des Betroffenen in seiner Lebensführung (BGHZ 166, 336). Unabhängig davon, mit welcher statistischen Häufigkeit eine derartige Komplikation sich verwirklicht, hätte es also eines gesonderten Hinweises auch hierauf bedurft. Der lapidare Hinweis „Schmerzen“, den der Beklagte zu 4) laut seiner handschriftlichen Eintragung der Klägerin gegeben hatte, war in dieser allgemeinen Fassung ungenügend.
Zudem stellte die formularmäßige Aufklärung bezüglich der Risikodichte eine Verharmlosung der tatsächlichen Risikoeintrittswahrscheinlichkeit dar. Zwar kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Frage, ob ein Risiko überhaupt aufklärungspflichtig ist, „nicht allein“ auf die erfahrungsgemäß zu befürchtende Komplikationsdichte an (beispielsweise BGH NJW 1980, 1905; NJW 1994, 793). Die Komplikationsdichte ist aber nicht völlig bedeutungslos, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt einer Verharmlosung eines für sich genommen im Zuge der Aufklärung angesprochenen Risikos. Gerade für die Entscheidung des Patienten, ob er sich, wie im Streitfall, einer nicht vital indizierten Operation unterziehen oder – eventuell nach Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung – unter Inkaufnahme gewisser Beschwerden jedenfalls zunächst von dem ihm vorgeschlagenen Eingriff absehen will, wird von erheblicher Bedeutung sein, ob gewisse, im Falle ihrer Realisierung eine erhebliche Beeinträchtigung darstellende Risiken erfahrungsgemäß sich nur sehr selten verwirklichen, so dass der Patient dies als eine eher theoretische Möglichkeit ansehen mag, oder ob ihre Verwirklichung so häufig eintritt, dass der Patient ernsthaft zu erwägen hat, ob er die Möglichkeit des Eintritts eines solchen Falles in der Hoffnung auf eine Verbesserung seines gegenwärtigen Gesundheitszustandes in Kauf nehmen will.
Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, in der Literatur werde für das Auftreten von Nervenschäden
bei Hüftprothesenoperationen eine Risikowahrscheinlichkeit von bis zu 3,5 % angegeben, und dazu eine Reihe von Quellen zitiert. Gerade bei Wechseloperationen, wie im Fall der Klägerin, ist das Risiko erhöht. Allerdings, so der Sachverständige bei seiner Anhörung, handele es sich bei der genannten Prozentangabe um einen Maximalwert für Wechseloperationen. Die durchschnittliche Komplikationsrate bei Hüftoperationen sei mit 0,8 % zu veranschlagen; dabei seien aber auch weniger schwerwiegende Schädigungen als im Fall der Klägerin gegeben berücksichtigt, weshalb die Wahrscheinlichkeit einer Nervschädigung der Stärke, wie sie bei der Klägerin gegeben sei, mit etwa 0,1 % oder darunter einzuschätzen sei. Dem Senat sind aus einem anderen Verfahren (5 U 410/11), das einen Nervenschaden auf Grund einer primären Hüfttotalendoprothesenoperation betraf, Literaturangaben aus der damals relevanten Zeit bis zum Jahr 2007 bekannt, die sich ebenfalls zwischen 0,7 % und 3,5 % bewegten. In Bezug auf eine Wahrscheinlichkeit von etwas über 1,0 % hat der Senat in dem damaligen Urteil (veröffentlicht in AHRS 4650/348) erhebliche Zweifel geäußert, ob eine solche Komplikationsdichte die Einstufung als „seltenes Risiko“ rechtfertige; jedenfalls könne ein solches Risiko nicht als ein „sehr seltenes“, also fast vernachlässigbares Risiko bezeichnet werden. Er hat sich dabei auf die Wahrscheinlichkeitsabstufungen bezogen, wie sie üblicherweise in Medikamentenbeipackzetteln verwendet werden. Die Frage brauchte in der damaligen Entscheidung allerdings nicht abschließend beurteilt zu werden, weil sich die Behandlungsseite mit Erfolg auf den Einwand der hypothetischen Einwilligung des Patienten berufen konnte. An der in seinem Urteil vom 07.10.2011 geäußerten Einschätzung hält der Senat für den Streitfall fest. Gerade deshalb, weil, wie von den Beklagten zutreffend betont, weitaus häufiger Medikamente verordnet und auch eingenommen werden als operative Eingriffe erfolgen, die in den Beipackzetteln verwendeten Häufigkeitsdefinitionen daher weithin bekannt sind, auch wenn nicht jeder Medikamentenverbraucher den Beipackzettel eingehend lesen wird, muss angenommen werden, dass Häufigkeitsangaben, die in Aufklärungsbögen verwendet werden, mangels gegenteiliger Hinweise ebenso verstanden werden wie sie in den Medikamentenbeipackzetteln ausdrücklich definiert werden. Es ist nicht ersichtlich, was einen Patienten zu der Annahme veranlassen sollte, die in standardisierten Aufklärungsbögen verwendeten Häufigkeitsangaben seien völlig anders zu verstehen als solche in Beipackzetteln für Arzneimittel. Die standardisierten Häufigkeitsangaben nach MedDRA definieren den Begriff „selten“ dahin, dass es sich um Nebenwirkungen handele, die bei einem bis zu 10 Behandelten von 10000 auftreten, das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 0,1 bis 1,0 Promille. Von einer „sehr seltenen“ Nebenwirkung wird danach erst gesprochen, wenn die statistische Wahrscheinlichkeit unter 0,1 Promille liegt. Die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Nervschädigungen nach Hüftgelenks- Wechseloperationen von 0,8 % liegt um ein Vielfaches höher. Unter Zugrundelegung der Häufigkeitsdefinition nach MedDRA wäre schon fast von einer „häufigen“ Komplikation zu sprechen. Auf die geringere Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften und ausgesprochen schwerwiegenden Nervschädigung, wie sie im Fall der Klägerin eingetreten ist, darf nicht abgestellt werden, denn in dem hier verwendeten Aufklärungsbogen werden schon die Nervenverletzungen an sich als „sehr selten“ auftretend bezeichnet, so dass der Leser dieses Aufklärungsbogens annehmen wird, der Fall, dass eine solche Nervenverletzung zu einer dauerhaften Störung wie etwa zu einer Teillähmung des Beines führe, sei noch seltener. Die Darstellung in dem Aufklärungsbogen muss daher als eine unzulässige (BGH NJW 1994, 793 m.w.N.) Verharmlosung des Operationsrisikos gewertet werden. Dass der Beklagte zu 4) die Risikowahrscheinlichkeit im Zuge der mündlichen Aufklärung der Klägerin anders dargestellt hat als im schriftlichen Aufklärungsbogen erläutert, ist nicht behauptet.
Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt sich der Senat mit dieser Einschätzung nicht in Widerspruch zu veröffentlichter obergerichtlicher Rechtsprechung. Die in der Berufungsbegründung zitierten Entscheidungen, auf die sich die Beklagten insoweit beziehen, befassen sich teilweise mit der Frage, ob über seltene Risiken überhaupt aufzuklären ist, ohne aber die Frage zu thematisieren, welche konkrete Risikodichte dem Begriff „selten“ zuzuordnen ist, teils sind sie gänzlich unergiebig. Der Senatsentscheidung vom 16.07.2004 (a.a.O.) kann insoweit nichts entnommen werden. Wenn das OLG Brandenburg in der Entscheidung vom 01.09.1999 (NJWRR 2000, 398) bei einer Risikorate von 0,7 bis 1,7 % von einem „nicht ganz seltenen“ Risiko spricht, weshalb über ein solches Risiko aufzuklären sei, entspricht das der Auffassung des Senats. Wie häufig sich ein bestimmtes Operationsrisiko statistisch verwirklichen darf, um – ohne verharmlosende Wirkung – noch als „sehr selten“ bezeichnet werden zu dürfen, ist, soweit ersichtlich, bislang noch nicht erörtert worden. Dem Senat ist auch nicht bekannt, dass ein Obergericht bislang die Auffassung vertreten hätte, für das Verständnis von Risikoklassifizierungen in ärztlichen Aufklärungsformularen könnten die standardisierten Einstufungen in Medikamentenbeipackzetteln nicht herangezogen werden.
III.
Der Aufklärungsmangel bleibt nicht deshalb ohne haftungsrechtliche Folgen, weil anzunehmen wäre, im Falle zutreffender Aufklärung hätte sich die Klägerin gleichwohl für den dann durchgeführten Eingriff entschieden. Der von den Beklagten hilfsweise bereits erstinstanzlich erhobene Einwand, die Klägerin hätte sich dem Eingriff vom 11.04.2011 auch bei zutreffender Aufklärung über dessen Risiken (das Fehlen einer solchen Aufklärung unterstellt) unterzogen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich beachtlich (BGHZ 90, 103; BGH NJW 2007, 2771). Die Behandlungsseite trifft insoweit die Behauptungs- und Beweislast; sie ist mit dem Beweis für die Behauptung, der Patient hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung (ebenfalls) in den Eingriff eingewilligt, allerdings nur zu belasten, wenn der Patient zur Überzeugung des Gerichts plausibel macht, er hätte bei rechtzeitiger Verdeutlichung der Behandlungsrisiken vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden, wobei an die Substantiierungspflicht zur Darlegung eines solchen Konfliktes keine sehr hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, da anderenfalls das Selbstbestimmungsrecht des Patienten unterlaufen würde (siehe dazu BGHZ 172, 1). Abzustellen ist dabei auf die persönliche Entscheidungssituation des jeweiligen Patienten, nicht darauf, was aus ärztlicher Sicht sinnvoll und erforderlich gewesen wäre und wie ein „vernünftiger Patient“ sich verhalten hätte. Der Patient braucht auch nicht darzulegen, wie er sich bei richtiger Aufklärung tatsächlich entschieden hätte (BGH MDR 1993, 516). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bei ihrer Anhörung durch den Senat glaubhaft geschildert, dass sie auf Grund der damals nicht so ausgeprägten Beschwerdehaftigkeit der linken Hüfte – sie habe vor allem unter sogenannten Anlaufschmerzen gelitten, sei aber durchaus in der Lage gewesen, ihren Haushalt zu führen – eine ärztliche Zweitmeinung habe einholen wollen und dazu bereits andernorts einen Termin vereinbart habe, jedoch auf Grund der Darstellung des Beklagten zu 2) davon abgesehen habe; damit ist hinreichend und plausibel dargelegt, dass die Klägerin bei deutlicherer Darstellung des tatsächlichen Eingriffsrisikos unter Berücksichtigung des Umstandes, dass möglicherweise auch ein Pfannenwechsel erforderlich sein werde und zumindest dann sehr wohl eine Gefahr für den Ischiadicusnerv bestehe, wenigstens in einen ernsthaften Entscheidungskonflikt geraten wäre. Ob sie sich dann tatsächlich, wie sie erklärt hat, gegen die Durchführung des Eingriffs entschieden hätte, ist nicht maßgeblich und braucht deshalb nach den vorstehenden Grundsätzen nicht von der Klägerin bewiesen zu werden. Die Beklagten haben ihre Behauptung, die Klägerin habe präoperativ unter so erheblichen Schmerzen beim Gehen gelitten, dass nach allgemeiner ärztlicher Erfahrung in eine derartige Operation auch in voller Kenntnis der Risiken eingewilligt werde, nicht in geeigneter Weise unter Beweis gestellt. Ein Sachverständiger könnte heute nicht mehr feststellen, in welchem Umfang die Klägerin präoperativ beschwerdebehaftet war. Der bereits zitierte Arztbrief der Beklagten vom 08.04.2011, gerichtet an die Hausärztin der Klägerin, legt im Gegenteil nahe, dass die Beschwerden der Klägerin damals nur von mäßiger Schwere waren, heißt es doch unter „Anamnese“, dass die Klägerin über Beschwerden von Seiten der linken Hüfte, insbesondere unter Belastung auch mit verändertem Gangbild klage, jedoch die klinische Untersuchung der linken Hüfte eine gute Beweglichkeit ohne wesentliche Schmerzhaftigkeit ergeben habe. Einen schon damals erheblichen Leidensdruck, der die nunmehrigen Behauptungen der Klägerin als unglaubhaft und lediglich prozesstaktisch bedingt erscheinen ließe, können die Beklagten somit nicht aufzeigen.
IV.
Für die Folgen des mangels wirksamer Einwilligung des Patienten rechtswidrigen Eingriffes haftet der verantwortliche Operateur, hier also der Beklagte zu 2), auch dann, wenn er selbst die Aufklärung des Patienten nicht durchgeführt hat, sondern diese Aufgabe an einen anderen Arzt, hier den Beklagten zu 4), delegiert hat. Eine solche Delegation wird zwar grundsätzlich als zulässig angesehen. Der behandelnde – hier: der operierende – Arzt, der nicht selbst aufklärt, hat aber entweder durch entsprechende Organisation dafür zu sorgen, dass die vollständige Aufklärung des Patienten anderweitig sichergestellt ist, oder sich im Einzelfall der vollständigen Aufklärung von anderer Seite zu vergewissern (OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 459; siehe auch BGH VersR 1984, 538). In der orthopädischen Klinik B. … mag zwar organisatorisch sichergestellt gewesen sein, dass vor einem operativen Eingriff ein Aufklärungsgespräch erfolgte, wenn auch nicht unbedingt durch den späteren Operateur selbst; nicht sichergestellt war aber, dass diese Aufklärung auch mit dem zutreffenden Inhalt erfolgte. Das ergibt sich schon aus der Verwendung von Formblättern, die inhaltlich, wie ausführlich dargelegt, den Anforderungen nicht entsprachen. Gerade dem Beklagten zu 2) als dem Chefarzt der orthopädischen Abteilung hätte es oblegen, die in seiner Klinik verwendeten Aufklärungsformblätter auf ihre medizinische Richtigkeit zu überprüfen. Darüber hinaus hatte der Beklagte zu 2) auf Grund der von ihm selbst der Klägerin erteilten, ein Nervverletzungsrisiko als nicht gegeben darstellenden Hinweise sicherzustellen, dass diese Hinweise vor der Einwilligung der Klägerin in eine mögliche Operationserweiterung, die zu einer Verschiebung des Risikospektrums führen musste, richtig gestellt wurden. Er durfte nicht darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 4), der vom Inhalt des im März 2011 geführten Gespräches keine Kenntnis haben konnte, die notwendigen Verdeutlichungen vornehmen werde. Der Beklagte zu 2) haftet damit der Klägerin sowohl deliktisch wie – auf Grund der getroffenen Wahlleistungsvereinbarung – vertraglich. Die Beklagte zu 1) hat als Trägerin der Klinik für die Folgen der rechtswidrigen Operation durch den Beklagten zu 2), der trotz der getroffenen Wahlleistungsvereinbarung zugleich Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) blieb, weil diese auf Grund des abgeschlossenen sogenannten totalen Krankenhausaufnahmevertrages die ärztlichen Leistungen (auch) selbst schuldete, jedenfalls vertraglich einzustehen.
Schließlich haftet auch der Beklagte zu 4) als aufklärender Arzt; da er die ärztliche Aufklärung vor der Operation übernommen hatte, ist er mitverantwortlich dafür, dass die Einwilligung des Patienten in den Eingriff nicht wirksam war (grundlegend BGH NJW 1980, 1905). Auch unter diesem Gesichtspunkt ist zugleich die Haftung der Beklagten zu 1) begründet (BGH a.a.O.).
Unbegründet ist die Klage, soweit auch der Beklagte zu 3) in Anspruch genommen wird. Ein Behandlungsfehler ist ihm nicht unterlaufen. Als Operationsassistent traf ihn eine eigene Verpflichtung, sich der wirksamen Einwilligung des Patienten zu vergewissern, nicht. Das mag im Einzelfall anders zu beurteilen sein, wenn die Verantwortlichkeit für die Operation auch und sogar in erster Linie einen Oberarzt trifft, der zwar nur als Operationsassistent eingeteilt ist, jedoch einem Assistenzarzt assistiert (zu einer solchen Gestaltung OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 459; ebenso OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 798). Sollte die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 08.12.2004 (NJW-RR 2005, 798) dahin zu verstehen sein, ein bloßer Operationsassistent trage schon als solcher eine Mitverantwortung dafür, dass die Operationseinwilligung des Patienten wirksam sei, könnte der Senat dieser Auffassung allerdings nicht folgen. Er ist vielmehr der Meinung, dass sich ein Operationsassistent grundsätzlich darauf verlassen darf, dass das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung vom verantwortlichen Operateur geprüft worden ist.
V.
Der Antrag der Klägerin, die Beklagten zur Zahlung materiellen Schadensersatzes in Höhe von 4.929,09 Euro nebst Zinsen zu verurteilen, ist, abgesehen davon, dass der Beklagte zu 3) schon dem Grunde nach nicht haftet, teilweise begründet, nämlich in Höhe von 2.772,41 Euro nebst Zinsen.
1.
Der Schadensberechnung der Klägerin liegt eine Kostenaufstellung für das Jahr 2011 (Anlage K 12 b) zugrunde, die zu einer Summe von 4.929,09 Euro gelangt, allerdings ist dieser Betrag wegen eines Rechenfehlers um 100,00 Euro zu hoch. Die dort im Einzelnen genannten Positionen, die sämtlich belegt sind, wobei hinsichtlich des sog. Tens-Gerätes zur Nervanregung inzwischen eine ärztliche Verordnung des Dr. I. … vorgelegt worden ist, sind im Wesentlichen zuzusprechen. Dies gilt nicht für folgende Positionen:
Die Aufwendungen, die die Klägerin wegen eines massiven, ärztlich bestätigten Haarausfalles geltend macht, nämlich in Höhe von 31,75 Euro für ein Medikament (Pantovigar) sowie in Höhe von 232,00 Euro für eine Perücke, mögen auf die erhebliche seelische Belastung der Klägerin durch die operativen Eingriffe zurückzuführen sein; eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, die unter dem Gesichtspunkt des § 287 ZPO zur Zusprechung erforderlich wäre, kann der Senat jedoch ohne eine aussagekräftige ärztliche Bestätigung nicht feststellen.
Die Klägerin hat eine zweite Peronäusschiene angeschafft und müsste hierfür 301,47 Euro bezahlen; ihre Krankenversicherung hat eine Erstattung mit der Begründung verweigert, die bereits erstattete erste Schiene sei noch brauchbar. Zwar mag zutreffen, dass die Schiene wegen eines beschädigten oder abgenutzten Klettverschlusses einer Reparatur bedurfte. Es ist aber nicht ausreichend dargelegt, dass zur Überbrückung dieses Reparaturzeitraumes keine andere Möglichkeit bestanden habe als die Anschaffung einer zweiten Schiene.
Angesichts der erheblichen Funktionsbeeinträchtigung des linken Beines, insbesondere durch eine Fußheberschwäche, bezweifelt der Senat nicht die Notwendigkeit, das von der Klägerin zuvor genutzte Kraftfahrzeug durch ein solches mit automatischem Getriebe zu ersetzen. Dass die Klägerin ein solches Fahrzeug, nämlich einen nahezu neuwertigen PKW vom Typ Mercedes, angeschafft hat, ist durch Vorlage der entsprechenden Rechnung belegt. Allerdings entspricht der geltend gemachte Betrag von 2.108,30 Euro den Mehrkosten für ein Neufahrzeug mit automatischem Getriebe gem. Aufpreisliste. Da die Klägerin einen Gebrauchtwagen gekauft hat, ist ein Abzug trotz der verhältnismäßig geringen Laufleistung dieses Gebrauchtfahrzeuges vorzunehmen, den der Senat mit 20 % bemisst.
2.
Für den Einzelzimmerzuschlag in Höhe von 390,00 Euro, den die Klägerin für ihren Aufenthalt im Krankenhaus B. … bezahlt hat, steht der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zu. Zwar war der Eingriff aufgrund eines Aufklärungsmangels rechtswidrig, wenn auch nicht behandlungsfehlerhaft. Dies allein führt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 08.02.2008, MDR 2008, 554) nicht zum Entfall des ärztlichen Honoraranspruches und – folgerichtig – auch nicht zum Entfall des Anspruches des Krankenhauses auf Zahlung der Unterbringungskosten. Erforderlich wäre für den Wegfall eines Honoraranspruches, dass die ärztliche Leistung im Ergebnis für den Patienten vollständig nutzlos gewesen ist; anderenfalls stünde der Belastung des Vermögens des Patienten mit dem Honoraranspruch des Arztes der Wert der vom Arzt ausgeführten Behandlung gegenüber, so dass kein Schaden angenommen werden kann. Im vorliegenden Falle ist diese Voraussetzung allerdings erfüllt; da die Klägerin sich bereits wenige Tage nach dem streitgegenständlichen Eingriff im Krankenhaus der F. … eine vollständig neue Totalendoprothese einsetzen lassen musste, war die im Klinikum B-. … vorgenommene Behandlung im Ergebnis für sie ohne jeden Wert und hat sie außerdem zusätzlich geschädigt. Allerdings müsste auch feststehen, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung gegen den Eingriff entschieden hätte (OLG Düsseldorf, VersR 2003, 1579). Das kann hier nicht festgestellt werden. Aus diesem Grunde kann die Klägerin auch nicht den von ihrer Kasse nicht erstatteten Teil der Honorarrechnung des Beklagten zu 2) in Höhe von 394,85 Euro zurückfordern. Möglicherweise besteht insoweit ein Rückzahlungsanspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung, wenn nämlich, wie von der Krankenkasse anscheinend angenommen, die Honorarrechnung um den genannten Betrag überhöht ausgefallen ist. Dazu ist von der Klägerin aber nichts vorgetragen worden.
3.
Hinsichtlich des Betrages von 150 Euro, den die Klägerin als Selbstbeteiligung trotz Bestehens einer Rechtsschutzversicherung aufwenden musste, soll die Klage nicht weiter verfolgt werden, wie dem Schriftsatz vom 11.4.2015 zu entnehmen ist.
4.
Der Zinsanspruch folgt aus Verzug und beginnt hinsichtlich der einzelnen Beklagten deshalb zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
5.
Das pauschale Bestreiten der Beklagten mit einem erst im Verhandlungstermin am 27.03.2015 überreichten Schriftsatz wird, soweit es infolge seiner Pauschalität überhaupt zu beachten wäre, nicht mehr berücksichtigt. Die Klägerin war mit Beschluss vom 19.12.2014 darauf hingewiesen worden, dass ihre materiellen Schäden teilweise noch der näheren Darlegung bedürften; hierauf hat die Klägerin innerhalb der ihr hierfür gesetzten Frist mit Schriftsatz vom 14.01.2015, der umgehend den Beklagten übermittelt worden ist, näher vorgetragen. Auch wenn den Beklagten zur etwaigen Erwiderung keine Frist gesetzt war, entsprach ein erst im Verhandlungstermin erfolgtes Bestreiten nicht mehr der Prozessförderungspflicht nach § 282 Abs. 1 ZPO; da insoweit nach Auffassung des Senats grobe Nachlässigkeit vorliegt, wird das Bestreiten der Beklagten nach §§ 296 Abs. 2, 525 ZPO zurückgewiesen.
VI.
Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aufgrund eines entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches zu; dieser erstreckt sich insbesondere auf die anwaltliche Geschäftsgebühren gem. Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG. Gegen den Ansatz einer 2,0 Gebühr bestehen keine Bedenken, erstattungsfähig ist diese Gebühr aber nur insoweit, als die Klage im Ergebnis Erfolg hatte, also in der sich bei Ansatz eines Gegenstandswertes von bis zu 30.000,00 Euro errechnenden Höhe, das sind 1.827,84 Euro aufgrund der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung des § 13 Abs. 1 RVG. Da die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, wie mit Schriftsatz vom 14.01.2015 dargelegt, von der Rechtsschutzversicherung der Klägerin bereits 1.880,20 Euro erhalten haben und die Klägerin zur Geltendmachung ermächtigt ist (Schreiben der Rechtsschutzversicherung vom 30.8.2011), besteht in voller Höhe des soeben dargelegten Betrages ein Zahlungsanspruch; auf die mit dem genannten Schriftsatz angekündigte, wohl versehentlich jedoch in der mündlichen Verhandlung unterlassene geänderte Antragstellung kommt es deshalb nicht an.
VII.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, Abs. 4, 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht erfüllt sind.
Quelle: Entscheidungsdatenbank Bayern